Nemo-Sieg lanciert Diskussion um dritten Geschlechtseintrag neu
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Politik
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Nemo-Sieg lanciert Diskussion um dritten Geschlechtseintrag neu

13.05.2024 08:09 - update 13.05.2024 11:19

Baseljetzt

Nach dem ESC-Sieg von Nemo hofft auch Sandro Niederer vom Transgender Network Switzerland auf rechtliche Verbesserungen für non-binäre Personen.

Zu einer eigentlichen Demonstration für die Rechte von non-binären Menschen wurde der Fanaufmarsch nach der Rückkehr von Nemo aus Malmö am späten Sonntagabend. Nemo wurde von rund hundert Fans frenetisch begrüsst. Viele hielten Transparente und Flaggen in den non-binären Farben gelb, weiss, violett und schwarz in den Händen.

An eine solche Flagge hatte sich Nemo bei der nervenaufreibenden Punktevergabe am Samstagabend geklammert. Mit dem Schweizer Act Nemo gewann die erste non-binäre Person den Eurovision Song Contest (ESC). 2023 machte Nemo auf Instagram publik, non-binär zu sein.

Hoffnung für Non-Binäre

Sandro Niederer vom Transgender Network Switzerland erhofft sich nach dem Sieg von Nemo eine rechtliche Verbesserung für non-binäre Menschen in der Schweiz. Das Ziel wäre ein dritter Geschlechtseintrag – oder gar kein Geschlechtseintrag, sagte Niederer am Montag dem Schweizer Radio SRF.

In der Schweiz lebten mehrere 10’000, wenn nicht gar 100’000 Non-Binäre, die davon betroffen seien. Die Gesellschaft sei inzwischen für eine rechtliche Anpassung bereit, so Niederer. Der Sieg von Nemo zeige, das Non-Binäre Gehör finden würden.

Nemo setzt sich für einen dritten Geschlechtseintrag in der Schweiz ein. SP-Bundesrat Beat Jans zeigte sich am Sonntag bereit, Nemo zu einem Gespräch «auch über queere Rechte» zu treffen. Nemo seinerseits erklärte, dass er sich auf einen baldigen Kaffee mit dem Justizminister freue.

Gesellschaftlichen Voraussetzungen nicht gegeben

Im Dezember 2022 hatte der Bundesrat allerdings in einem Bericht zur Erfüllung zweier Postulate aus dem Parlament klar festgehalten, dass er die Voraussetzungen für die Einführung des dritten Geschlechts als nicht erfüllt erachte. Das binäre Geschlechtermodell sei in der schweizerischen Gesellschaft nach wie vor stark verankert.

Die gesellschaftlichen Voraussetzungen für die Einführung eines dritten Geschlechts oder für einen generellen Verzicht auf den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister seien derzeit nicht gegeben. Eine Änderung des binären Geschlechtermodells wäre ausserdem mit zahlreichen Anpassungen der Verfassung und der Gesetze von Bund und Kantonen verbunden.

Im Juni 2023 hatte zudem das Bundesgericht entschieden, dass eine in Deutschland erfolgte Streichung der Geschlechtsangabe einer Person mit Schweizer Pass in der Schweiz nicht anerkannt ist. Sie könne damit auch nicht ins schweizerische Personenstandsregister eingetragen werden.

Nein, aber…

Der Bund will aber offenbar gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung tragen. Nach dem Nein des Bundesrats zur Einführung eines dritten Geschlechts im Personenstandsregister, wolle man nun «pragmatische Lösungen» ausarbeiten, erklärte etwa die damalige Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider Ende März 2023. Die Rechte von non-binären Menschen seien ihr wichtig.

Ende September 2023 teilte der Bundesrat dann mit, dass er untersuchen werde, ob die Situation von nicht-binären Menschen verbessert werden könne, ohne das binäre Modell rechtlich in Frage zu stellen. Inzwischen wird das zuständige Departement von Beat Jans geführt.

Laut einer im Sommer 2023 veröffentlichten Studie von Ipsos hat die Schweiz unter 30 untersuchten Ländern den höchsten Anteil an Menschen, die sich als transgender, non-binär oder gender-fluid identifizieren. Sechs Prozent der Befragten in der Schweiz bezeichneten sich als transgender, non-binär, gender-fluid oder anders als männlich oder weiblich. Das ist der höchste Anteil der untersuchten Länder, vor Thailand mit fünf Prozent und Italien, Schweden, Deutschland und Spanien mit je vier Prozent. (sda/jes)

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