
Nikotinbeutel boomen bei Jugendlichen – ein Suchtexperte klärt auf
Leonie Fricker
Sie sind bunt, handlich und locken mit verschiedenen Aromen: Nikotinbeutel – auch «Pouches» genannt – boomen unter Schweizer Jugendlichen. Die Gesundheitsbehörden in Basel-Stadt zeigen sich alarmiert.
Jugendliche greifen statt zu klassischen Zigaretten immer häufiger zu neuen Tabak- und Nikotinprodukten wie E-Zigaretten oder Einweg-Vapes. Auch Nikotinbeutel werden immer beliebter – auch in Basel-Stadt. Der Leiter des Programms Suchtprävention beim Gesundheitsdepartement, Antonio De Feo, klärt über die Risiken auf.
Beutel machen schnell abhängig
Im Unterschied zu Snus, die aus Skandinavien in die Schweiz gelangten, enthalten die «Pouches» keinen Tabak. Stattdessen sind die kleinen, weissen Beutel mit extrahiertem oder synthetisch hergestelltem Nikotin gefüllt. Das Nervengift ist darin teils in hoher Dosierung enthalten, erklärt De Feo. «Das führt dazu, dass man sehr schnell abhängig wird», warnt der Suchtexperte.

Die «Pouches» sind in der Schweiz seit 2019 legal erhältlich. Inzwischen findet man sie an nahezu jedem Kiosk in verschiedenen Varianten: Von «Mint» über «Berry» bis «Bubblegum». Die Beutel werden diskret unter die Oberlippe geklemmt, wobei das Nikotin über die Mundschleimhaut ins Blut gelangt. «Man kann die Produkte also relativ unauffällig und überall konsumieren», so De Feo. Im Gegensatz zur Zigarette findet keine Verbrennung statt, was zwar die Lunge weniger belaste, die Produkte aber nicht weniger harmlos mache.
Gerade für Kinder und Jugendliche, deren Gehirn sich noch in der Entwicklung befindet, sei der Konsum der Nikotinbeutel problematisch. «Die Leistungsfähigkeit kann nachlassen, sei das bei Konzentration, Lernfähigkeit oder dem Gedächtnis», so De Feo. Zudem sei das Suchtrisiko gerade bei jungen Erwachsenen besonders hoch. Doch die Liste der gesundheitlichen Folgen ist noch länger: Bei übermässigem Konsum können Magendarm-Beschwerden oder Schlafstörungen auftreten, auch die Mundgesundheit leidet unter den Beuteln. Oft bleibt es nicht beim Konsum der Beutel, der Übergang zu weiteren Nikotinprodukten wie E-Zigaretten, Vapes oder klassischen Zigaretten ist schnell gemacht.
Die Industrie reagiert auf den Trend
Besonders oft klemmen sich junge Männer die Pouches unter die Lippe. Doch auch die Zahl weiblicher Konsumentinnen nehme zu. Nicht zuletzt wegen gezielter Marketingstrategien der Tabakindustrie. «Das Ziel der Hersteller ist es, Menschen schon in jungen Jahren süchtig zu machen», so De Feo. Bunte Verpackungen und verschiedene Geschmacksrichtungen sprechen gezielt eine junge Zielgruppe an. So wird suggeriert, es handle sich beim Nervengift um ein Lifestyle-Produkt. «Oft werden sie sogar als gesunde Alternative zur Zigarette dargestellt», warnt der Suchtexperte.

Der Verkauf von Nikotinbeuteln an Minderjährige ist im Kanton Basel-Stadt verboten. Um zu überprüfen, ob der Jugendschutz eingehalten wird, führt das Gesundheitsdepartement regelmässig Testkäufe durch. «Daher wissen wir aber auch, dass es Lücken gibt und Jugendliche trotzdem an die Produkte kommen», so De Feo. Besonders unkontrolliert sei der Verkauf im Onlinehandel, warnt er. Mit wenigen Klicks können die Beutel direkt nach Hause bestellt werden.
Gesundheitsdepartement setzt auf Prävention an Schulen
Sowohl im Handel als auch an Schulen greift das Gesundheitsdepartement präventiv ein. Für Schulklassen gibt es verschiedene Angebote. Diese vermitteln den Schülerinnen und Schülern die Folgen und Risiken des Suchtmittelkonsums. «Wir erklären ihnen, wie eine Sucht entsteht, aber auch, wer davon profitiert, wenn Menschen süchtig werden», so De Feo. «Dabei ist uns wichtig, nicht zu moralisieren, sondern mit Fakten zu informieren.»
Zum Konsumverhalten von Kindern und Jugendlichen in Basel-Stadt liegen derzeit noch keine aktuellen Zahlen vor. Aufgrund nationaler Daten sei jedoch davon auszugehen, dass auch hier der Konsum zunimmt. Die Ergebnisse der schulärztlichen Untersuchungen an den kantonalen Schulen werden im kommenden Frühling erwartet. Neben dem Gesundheitsdepartement verfolge auch das Erziehungsdepartement die Entwicklungen aufmerksam, wie es auf Anfrage heisst.
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pserratore
Nicht Gesund!
Hoschi
Das schadet der Gesundheit der jungen Leute.