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Nur einer von 100 hat einen freien Platz: Die Psychotherapie ist komplett ausgelastet

10.03.2024 10:38 - update 11.03.2024 11:15
Tim Meyer

Tim Meyer

Die Knappheit der Therapieplätze ist laut dem Verband der Psychotherapeut:innen beider Basel so gross wie noch nie. Die Klimakrise, Pandemie und Krieg haben Spuren hinterlassen. Schnelle Lösungen sind nicht in Aussicht.

Auf der Suchplattform Doc24 haben momentan nur vier Psychotherapeut:innen einen freien Platz – von insgesamt 430 im Kanton Basel-Stadt. Auch wenn es schwer sei und viele Anfragen täglich reinkommen, müssten sich die Therapeut:innen für ihr eigenes Wohl abgrenzen, sagt Gassan Gradwohl, Präsident des Verbandes der Psychotherapeut:innen beider Basel.

Jeder Tag sei für Psychotherapeut:innen voll gefüllt. Die meisten hätten einen Acht- bis Neun-Stunden-Tag. Dort müssen sie aber nicht nur die Termine hineinpacken, sondern auch Administrations- und Koordinationsarbeiten unterkriegen.

Resourcenverschleiss und viel Aufwand

Mühe hat der Verband beispielsweise auch mit der Beantragung einer Verlängerung der Psychotherapie. Diese erfolgt nach 30 Sitzungen, kann aber nicht nach eigenem Ermessen erfolgen. Es brauche ganze drei Meinungen von anderen Psychotherapeut:innen und Fachpersonen wie beispielsweise den anordnenden Ärzt:innen, damit die Therapie weitergeführt werden kann. Diese Zeit und das Geld würden laut Gassan Gradwohl lieber in die Psychotherapie selbst investiert werden.

Knappheit hat sich verschärft

Denn die Situation habe sich seit Ende der Corona-Pandemie kaum entspannt, sagt Gassan Gradwohl. Im Gegenteil: Sein Bauchgefühl sagt, dass sich die Situation weiter zuspitzt.

Die Gründe, dass die psychische Belastung in der Bevölkerung zunimmt, seien verschieden. Zum einen gebe es viele weltpolitische und globale Probleme, wie die Klimakrise, den Krieg oder die Pandemie. Oder auch gesellschaftliche Entwicklungen, wie die Informationsflut und die Beschleunigung in der Gesellschaft. Auch dass sich die Menschen immer mehr beobachten und bewerten, habe einen Einfluss, sagt Gassan Gradwohl.

Attraktivität des Berufs muss gefördert werden

Aber nicht nur der steigende Bedarf an Therapie in der Gesellschaft, sondern auch der Mangel an Fachkräften trage zur Therapieplatz-Knappheit bei. Zumal es viele Probleme im Beruf gibt: Psychotherapeut:innen in Weiterbildung hatten bis vor kurzem keinen Tarif und wurden nicht entlöhnt. Das sei aus Sicht des Verbandes absurd. Dadurch seien 1’000 Arbeitsstellen und 10’000 Therapieplätze gefährdet. Momentan gebe es zwar eine provisorische Lösung mit der Krankenkasse, diese sei aber noch nicht definitiv.

Es brauche jetzt politische Vorstösse, um die Arbeitssituation für Psychotherapeut:innen zu verbessern. Gerade in die Prävention müsste laut dem Verband viel mehr Geld investiert werden. Denn psychische Erkrankungen, welche unbehandelt bleiben, würden die Gesellschaft doppelt bis dreifach so viel kosten.

Wartezeit überbrücken

Der Verband der Psychotherapeut:innen beider Basel versucht in der jetzigen Situation, Patient:innen zu helfen, welche auf einen Therapieplatz warten. Bis Ende Jahr wolle man Informationen aufbereiten und Texte erstellen und diese als Hilfe zur Verfügung stellen. Jede Woche sollen die wartenden Patient:innen eine Mail bekommen – mit Tipps und Hilfestellungen.

Die Hoffnung nicht verlieren

Gassan Gradwohl rät, sich nicht entmutigen zu lassen und dranzubleiben. Im Notfall gebe es mit der UPK an der Kornhausgasse immer eine Stelle, an die man sich wenden könne, auch wenn fast alle Psychotherapeut:innen momentan komplett ausgelastet sind.

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Kommentare

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10.03.2024 19:12

figtree5

Schlimm, die Generation Z blockiert 50% aller Therapieplätze, unsere Jugend ist vorweichlicht und viel zu verwöhnt

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10.03.2024 10:08

Marius

Ich kenne jemand der hat in Basel gleich einen Termin erhalten als er jemand gesucht hat (kein akutes Problem oder so). Bei anderen konnte man auch online bequem einen Termin auswählen. Sehe da gerade wirklich kein Problem. Das Bauchgefühl dieses Herrn im Artikel scheint nicht so gut zu funktionieren.

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