
Ortsdurchfahrts-Referendum wehrt sich gegen die geplante «Fehlplanung» in Birsfelden
Shahed Staub
Birsfelden droht im Stau zu versinken. Der Umbau der Ortsdurchfahrt soll dagegen helfen, doch ein Referendum gegen das 80-Millionen-Franken-Projekt bringt den Plan nun wieder zum wanken.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Baselbieter Landrat bewilligte den Umbau der Hauptstrasse in Birsfelden.
- Die Ortsdurchfahrt soll mit Tram-Auto-Mischspur, Kreisel und Velostreifen neu gestaltet werden.
- Ein Referendum kritisiert nun Kosten und Nutzen und sammelt Unterschriften.
Birsfelden kämpft seit Jahren mit Stau. Die Gemeinde mit etwas mehr als zehntausend Einwohnerinnen und Einwohnern ist regelmässig durch den Ausweichverkehr der Autobahn A2 vor Basel verstopft. Zu Stosszeiten fahren bis zu 2’000 Autos pro Stunde durch Birsfelden. Die automatische Durchfahrtskontrolle, die seit vergangenem Montag in Kraft ist, könnte dafür sorgen, dass sich das Problem auf der Hauptstrasse noch verschärft.
Den Verkehr flüssiger machen – und ganz nebenbei die Hauptstrasse auch optisch wie funktionell aufwerten – soll der Bau einer neuen Ortsdurchfahrt in Birsfelden. Der Baselbieter Landrat hat dafür am 28. August 2025 knapp 78 Millionen Franken bewilligt. In einem Jahr soll der Umbau starten.
Velostreifen, Kreisel und grünere Strassenränder geplant
Konkret ist ein Mischverkehr von Tram und Individualverkehr vorgesehen: Beide sollen sich künftig eine Spur teilen. Zusätzlich entstehen Velostreifen auf beiden Strassenseiten. Zwei neue Kreisel ersetzen die bisherigen Kreuzungen auf der Höhe der Rheinstrasse und Schulstrasse. Ausserdem wird die Birseckstrasse verschoben, um mehr Platz im Ortszentrum zu schaffen und am Strassenrand soll es grüner, breiter und gemütlicher werden.
Der Umbau der 1,5 Kilometer langen Ortsdurchfahrt in Birsfelden ist im Parlament breit abgestützt. Ende August sprachen sich 68 Landrats-Mitglieder für die Vorlage aus – nur sieben stimmten dagegen, mehrheitlich von der SVP. Mit diesem Entscheid wäre die entscheidende Hürde eigentlich genommen, um dem Baustart näherzukommen. Ob in der Baselbieter Gemeinde aber tatsächlich wie geplant im Jahr 2026 gebaut werden kann, ist jedoch noch nicht entschieden.
Denn gegen das Vorhaben formiert sich nun ein Referendum. Mehrere Einwohnerinnen und Einwohner haben sich zur überparteilichen, unabhängigen Interessengruppe «IG Ortsdurchfahrt Birsfelden» zusammengeschlossen. Ihre Botschaft: Der Umbau sei zu teuer und falsch geplant – und den Blechlawinen-Stau löse er auch nicht.
Referendumkomitee: Keine Vorteile für die Gemeinde
Roland Schacher, Kopf des Referendumkomitees, ist sich einig: «Das Projekt hat keinen wirklichen Mehrwert, ist eine Fehlplanung und befriedigt die Gemeinde keineswegs.» Zwar ist die IG nicht grundsätzlich gegen eine Erneuerung der Ortsdurchfahrt. Schacher betont jedoch, dass das 80-Millionen-Franken-Projekt, das von der Baselbieter Regierung erarbeitet wurde, am Ende allen Beteiligten nur Nachteile bringen würde.
Die IG befürchtet insbesondere, dass die Verflechtung von Tram und Individualverkehr nur zu mehr Stau führen würde. «Wenn die Autos stehen bleiben, bleiben auch die Trams stecken», so Schacher. Damit drohe künftig nicht nur der Autoverkehr, sondern auch das Tram im Dorf ins Stocken zu geraten. Auch wenn die Verkehrsplaner anderes behaupten, bleibt die Interessensgemeinschaft diesem Szenario kritisch gegenüber. Ein weiterer Kritikpunkt sind die zwei «gefährlichen» neuen Kreisel: Besonders für Fahrradfahrerinnen und -fahrer bergen sie laut Schacher ein hohes Unfallpotenzial. Zudem werde das Trottoir in den Bereichen der Kreisel punktuell stark eingeengt, was auch zu Konflikten unter den Fussgängern führen könne.
Nicht zuletzt ärgert Schacher die geplante Verschiebung der Tramhaltestelle «Schulstrasse» in Richtung Hard zum Theater Roxy. «Die Bewohnerinnen und Bewohner müssten dann von der neuen Haltestelle zurücklaufen, um ins Zentrum zu gelangen», kritisiert er.
Mehr Platz vor dem Laden dafür eine jahrelange Baustelle vor dem Geschäft? Das halten Ladenbesitzer und Anwohnende vom Umbau der Ortsdurchfahrt Birsfelden:
Die Lösung liege darin, wieder bei Null zu beginnen
Das Referendumskomitee verlangt, dass das Projekt in der heute vorliegenden Form gestoppt wird. Es müsse neu analysiert und ganzheitlich betrachtet werden. So würde der Kanton unweigerlich erkennen, dass das Problem der Hauptstrasse nur an seiner Wurzel zu packen ist, sagt der IG-Verantwortliche. «Wenn wir etwas gegen den Stau unternehmen wollen, müssen wir zurück auf Feld 1. Und noch einmal ganz von vorne beginnen.»
1’500 Unterschriften muss die Interessengemeinschaft für ein gültiges Referendum sammeln. Zeit bleibt ihnen dafür bis zum 15. Oktober 2025.
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Basel12345
Will Birsfelden überhaupt ein attraktives Zentrum, Verkehr hat es sowiso…
Basel12345
Weshalb kein attraktives Zentrum? Der Durchfahrtsverkehr subventioniert/amortisiert ja Massnahmen im Zentrum… Des Weiteren Glaube ich nicht, dass die Personen im Film auf Auto und Autokunden verzichten möchten.