Sternekoch Pascal Steffen: «Ich habe schnell gemerkt, dass ich mehr will»
Jessica Schön
Mit seiner Philosophie, das Gemüse in den Mittelpunkt zu stellen, begeistert er die Gourmands: Pascal Steffen über Sojasaucen-Rückstände und über die Frage, was eine Tomate von einem Rettich unterscheidet.
Bis die Kohle im Yaktori Grill richtig heiss ist, dauert es einen Moment. Nicht immer kommt der auf den ersten Blick unscheinbare Holzkasten zum Einsatz, denn nicht jedes Gericht ertrage die Hitze. «Einen Klöpfer würde ich darauf jetzt nicht grillieren», scherzt der Sternekoch Pascal Steffen. Im Menu seien aber sicher immer ein bis zwei Gerichte dabei, die so zubereitet werden: «Ich mag das Feuer, das Archaische, den Urinstinkt vom Akt des Essens, vom Feuer. Das das finde ich toll».
Steffen hat uns in die Küche seines Erfolgs-Restaurants Roots mitgenommen. Am Montag erhielt der 37-Jährige den Prestigeträchtigen Gault-Millau-Titel «Aufsteiger des Jahres 2024», neu wird er mit 18 Punkten des Restaurantkritikers bewertet. Die Philosophie des Gourmetrestaurants: Im Mittelpunkt steht das Gemüse.
mehr Raum für Kreativität
Angefangen hatte Steffen mit einer Lehre in der Gastronomie. Dort wo er herkomme, habe der Genuss schon immer eine grosse Bedeutung gehabt, wenn auch nicht der Gourmet-Aspekt: «Das kannte man bis dahin zu wenig».
Sein Ansporn war es gewesen, eine gute Lehre zu machen; etwas solides, ein Handwerk. «Ich habe dann aber relativ schnell gemerkt, dass ich mehr will.» Nicht der Wunsch nach Auszeichnungen seien ausschlaggebend gewesen, sondern das Bedürfnis nach mehr Raum für Kreativität.
Auch jetzt noch sei er ehrfürchtig, wenn er an die Idole seiner Anfangszeit denke. Oder daran, dass er sich mittlerweile mit ihnen messen könne – mit seinen «Göttern in weiss», wie der Sternekoch sie nennt. Und doch: Sein Ziel sei die stetige Verbesserung.
Aus alt mach neu
Langsam fängt es an zu knistern und zu rauschen, im Hintergrund brummt der Kühlschrank. Immer wieder wedelt der Sternekoch mit einer Art Fächer über den Grill. Für die Garung der Aubergine, die Steffen für uns zubereitet, verwendet er Miro Miso.
Dabei handle es sich um die Pressrückstände der Sojasaucen-Herstellung. Steffen habe der Prozess derart fasziniert, dass er entschieden hatte, etwas damit zu machen. «Es hat trotz Fermentation nicht die typische süsse einer ‘normalen’ Miso-Paste, sondern eine andere Geschmacksstruktur.»
Solche Ideen fliegen ihm auf verschiedene Art zu, so der Sternekoch. Manchmal seien es auch Produzent:innen, die ihn auf ein bestimmtes Produkt aufmerksam machen. Zentral sei aber der Austausch mit Kolleg:innen: «nur so stösst man auf Dinge, auf die man sonst vielleicht nicht gekommen wäre».
«Ich finde alle Gemüse recht spannend»
Endlich ist es so weit: Steffen schneidet die Aubergine für uns auf und garniert sie. Das Gemüse sieht mittlerweile Glasig aus, die Oberflächenstruktur ähnelt der Marmorierung eines Stücks Fleisch. Ob er ein Signature-Gemüse habe, wollen wir von ihm wissen.
«Ich finde alle Gemüse recht spannend», so der 37-Jährige. Man stehe aber bei unterschiedlichen Gemüsesorten vor unterschiedlichen Herausforderungen: «Eine Tomate in ein Menu einzubinden ist sehr aufwendig,» als Gemüse stehe es so für sich. Beim Rettich sei das komplett anders: «Einen Rettich kann ich verschieden marinieren, grillieren…»
Und während der Sternekoch darüber sinniert, wie vielseitig ein einziges Gemüse sein kann, wird klar, warum das Kochen auf diesem Niveau ein Handwerk ist, das Kreativität abverlangt. Kein Anderer bringt es rüber wie der gebürtige Luzerner. Wir haben das Glück, im Anschluss Aubergine à la Roots zu probieren. Sie schmeckt göttlich.
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