Standbetreiber berichten von Rassismus in der Markthalle
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Diskriminierung
Basel-Stadt

Standbetreiber berichten von Rassismus in der Markthalle

17.02.2025 12:25 - update 18.02.2025 15:26
Shahed Staub

Shahed Staub

In der Markthalle Basel gehören rassistische Beleidigungen für mehrere Standbetreiber zum Alltag. Sie finden es wichtig, dass dieses Thema wieder mehr ins Bewusstsein der Gesellschaft rückt.

Fast sein ganzes bisheriges Leben hat Kasim Amani in Basel verbracht. Wurzeln hat er in Afghanistan. Seit 2015 betreibt er den Essensstand «Amani’s Afghan Food» in der Markthalle, sein Geschäft läuft gut.

Doch beim täglichen Zubereiten von afghanischen Spezialitäten beschäftigt ihn etwas mehr als das Bedienen seiner Gäste: Er wird in der Markthalle immer wieder rassistisch diskriminiert, wie der Koch schildert. «Letztens kam ein Kunde an meinen Stand und fragte mich: Wo sind deine Handgranaten? Ich solle sie gefälligst als Dekoration aufhängen, um den Menschen zu zeigen, wer wir Afghanen wirklich sind.»

Es seien aber auch die alltäglichen, unterschwelligen Bemerkungen, die abwertend wirken und Amani laut eigener Aussage das Gefühl geben: Du gehörst nicht in die Schweiz. «Gäste kommen an meinen Stand in der Markthalle und sprechen zunächst Hochdeutsch oder benutzen Zeichensprache. Und selbst wenn sie merken, dass ich Schweizerdeutsch spreche, machen manche einfach mit der Zeichensprache weiter.» Die Menschen würden oft fragen, ob er auch wirklich Afghane sei. «Danach kommt der Spruch: Sie reden aber sehr gut deutsch. Daraufhin antworte ich auch oft: sie auch. Sie finden das dann sehr lustig und lachen. Ich finde es leider traurig.»

Existenzielle Risiken

Rassistische Kommentare in der Öffentlichkeit seien salonfähig geworden, so Amani. Seit der Asylthematik, dem Einzug der AfD in den Bundestag und dem immer stärkeren Rechtsrutsch in Europa werde seine Nation immer öfters instrumentalisiert: Seine Nation, das Böse. Amani: «Wieso muss ich mich beim Mittagessen zubereiten in der Markthalle gegenüber Kunden rechtfertigen, warum ein Afghane in Aschaffenburg zwei Menschen getötet hat? Als wäre ich, Kasim Amani, der Stellvertreter einer ganzen Nation. Ich stehe ständig unter Generalverdacht».

Es frage auch niemand einen Europäer, warum Anders Breivik 77 Menschen, hauptsächlich Jugendliche, getötet hat. Fast zwei Drittel der politisch motivierten Gewalttaten würden auf das Konto von Rechtsextremen gehen. «Kaum bin ich zu Hause, werde ich von meinen Nachbarn rassistisch angegangen. Sie sagen, ich solle mich in meine Heimat ‹verpissen›. Ich kann nicht einmal kurz durchatmen.»

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Kasim Amani betreibt seit 2015 den Stand «Amani’s Afghan Food». Bild: Baseljetzt

Auch nach der Arbeit könne Amani selten abschalten. Wenn er die Nachrichten einschaltet, hofft er vor allem eins: Hoffentlich war es kein Afghane. Denn der zunehmende Fremdenhass birgt auch existenzielle Risiken für seinen Stand in der Markthalle. «Die Menschen verlernen, zu differenzieren – und das schadet letztendlich auch meinem Geschäft.» Deshalb habe er schon mehrfach darüber nachgedacht, das Wort «Afghan» aus dem Namen seines Essensstands zu streichen. Am Ende liess er es jedoch bleiben – denn er ist überzeugt: Es wäre nicht der richtige Ansatz.

Auch Gambier wird von Gästen rassistisch beleidigt

Zwei Stände weiter, beim «Flavors of Jerusalem», arbeitet Saloum Jaw. 2015 emigrierte er von Gambia in die Schweiz, seit drei Jahren arbeitet er in der Markthalle. «Die Arbeit macht mir grundsätzlich Spass. Ich versuche immer zu lächeln und die Gäste freundlich zu bedienen. Und dann kommt aus dem Nichts eine rassistische Beleidigung.» Ein Beispiel dafür kann Jaw nicht nennen – es sei zu hart, um es auszusprechen.

Standbetreiber berichten von Rassismus in der Markthalle
Saloum Jaw: «Mir wurde geraten, die Beleidigungen wegzulächeln». Bild: Baseljetzt

Vergeblich suchte der Gambier in der Markthalle nach einer Anlaufstelle. «Niemand fragte mich je, wie es mir damit geht.» Sein Vorgesetzter riet ihm, die Beleidigungen einfach wegzulächeln und nicht darauf zu reagieren. «Stell dir vor, du wirst rassistisch beleidigt, weil ein Gast die Aubergine als zu klein empfindet. Und dann weisst du nicht mal, wohin mit der Information», so Jaw. Er wünsche sich darum eine Ansprechperson, an die er sich wenden könne, wenn ihm rassistische Äusserungen widerfahren.

Markthalle verweist auf Leitbild

Auf Anfrage von Baseljetzt verweist die Markthalle Basel auf ihr Leitbild, in dem sie sich wie folgt äussert: «Die Markthalle Basel bekennt sich zu einem Klima, das den Schutz der persönlichen Integrität achtet und frei von Diskriminierung, Mobbing sowie sexueller Belästigung ist.»

Weiter heisst es: «Alle Menschen sind bei uns prinzipiell willkommen! Das heisst aber nicht, dass bei uns alles erlaubt ist. Gäste, die gegen diesen Grundsatz verstossen, müssen mit Konsequenzen rechnen – bis hin zu Verweis oder Hausverbot.»

Weiter wollte sich die Markthalle auf Anfrage noch nicht äussern.

Berichtigung: Weiter verweist die Markthalle in ihrem Leitbild auch auf folgendes: «Wenn eine Verletzung der persönlichen Integrität im Kontext der Markthalle Basel vorgefallen ist, können sich Betroffene für Beratung und Unterstützung an die Anlaufstelle der Markthallen AG Basel wenden. Weitere Ansprüche gegenüber der Markthalle bestehen für involvierte Personen keine. Die Anlaufstelle der Markthallen AG Basel handelt ausschliesslich im Einverständnis mit der betroffenen Person und untersteht der Vertraulichkeit.»

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Kommentare

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18.02.2025 12:10

TomGrau

wenn Grundsätze nicht durchgesetzt werden kann man sie auch gleich in die Tonne treten

4 1
17.02.2025 19:12

pserratore

NICHT NORMAL 🤬🤬🤬

ZUM 🤮🤮🤮

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