Studie zeigt: Seltene Erbkrankheiten sind gar nicht so selten, wie man denkt
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Uni Basel
Basel-Stadt

Studie zeigt: Seltene Erbkrankheiten sind gar nicht so selten, wie man denkt

23.05.2023 11:32 - update 23.05.2023 11:34
Larissa Bucher

Larissa Bucher

Forschende der Uni Basel und des Unispitals zeigen auf, dass auch symptomlose «Träger», also Personen mit nur einem defekten Gen eines Elternteils, lebensbedrohlich an einer Erbkrankheit erkranken können.

Hinter Erbkrankheit stecken Fehler im Erbgut. Kinder erhalten jeweils einen Chromosomensatz von der Mutter und einen vom Vater. Wenn nun von beiden Seiten ein defektes Gen (auch «Allele» gennant) geerbt wird, erkrankt man an einer der seltenen Erbkrankheiten. Kinder, die nur von einem Elternteil ein defektes Gen erben, wurden hingegen bisher als symptomlose «Träger» bezeichnet. Das heisst: Das gesunde Gen kann das andere kompensieren und es treten keine Symptome auf.

Auch «Träger» können erkranken

Diese Annahme ändert sich nun durch die Forschung eines Teams um Prof. Dr. Mike Recher an der Universität Basel zusammen mit dem Universitätsspital. Laut der neuen Studie können auch diese «Träger» erkranken. Somit würden Erbkrankheiten deutlich häufiger vorkommen, als man bisher dachte, schreibt die Uni Basel in einer Mitteilung.

«Solche Fälle wurden bisher zu oft ignoriert, davon ausgehend, dass nur Defekte in beiden Allelen problematisch sind», so Recher in der Medienmitteilung. «Tatsächlich können Träger aber lebensbedrohlich erkranken, oft im Erwachsenenalter und mit teilweise neuartigen Symptomen.»

Überraschender Fund

So geht es in der Studie vor allem um Mutationen im Bauplan eines Enzyms, welches für die Vielfalt an Antikörpern und T-Zellen entscheidend sei: Das Gen LIG4. Mutationen in beiden Allelen dieses Gens würden zu Störungen der Immunabwehr sorgen und folglich zu einem hohen Risiko für schwere Infektionen.

Das spannende an der Forschung: Bei mehreren Fällen, bei denen Personen nur ein defektes LIG4-Gen aufweisen, zeigen diese trotzdem ein schweres, aber «nur teilweise an die Muttererkrankung erinnerndes Krankheitsbild» auf. «Nur ein funktionierendes LIG4-Gen scheint bei ihnen nicht auszureichen», so der Immunologe dazu.

Die neuen Erkenntnisse aus der Studie seien extrem wichtig, da es im menschlichen Immunsystem Tausende beteiligter Gene gibt mit Mutationen in nur einem Allel. Über die Bedeutung und Folgen davon sei noch zu wenig bekannt. «Unsere und weitere neue Ergebnisse zeigen, dass solche Defekte viel häufiger als angenommen Ursache für bisher unerklärte Immunstörungen sein können», heisst es.  «Wir vermuten, dass seltene rezessive Erbkrankheiten teilweise noch unbeschriebene häufigere Gegenstücke haben, mit teilweise neuartigen Symptomen, tendenziell späterem Auftreten im Leben und anderem Vererbungsmuster.»

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