SVP will mit Doppelinitiative gegen «Chaoten» und «Demo-Flut» vorgehen
Lea Meister
287 Demonstrationen fanden 2022 in Basel statt. Diese Zahl ist der SVP zu hoch. Deshalb stellte sie am Dienstag eine Doppelinitiative vor, die etwas gegen «Chaoten» und die «Demo-Flut» tun soll.
Für die «Anti-Chaoten-Initiative» und die «Freiheits-Initiative» werden ab dem 8. März Unterschriften gesammelt. Die beiden Initiativen der SVP Basel-Stadt haben einerseits zum Ziel, dass «Demo-Chaoten» für Kosten und Schäden aufkommen sollen, für die sie haftbar gemacht werden können.
Andererseits sollen bei Bewilligungen für Demonstrationen der öffentliche Raum und der öffentliche Verkehr stärker berücksichtigt werden. Beides soll wenn immer möglich nicht «in der jetzigen Regelmässigkeit» eingeschränkt werden.
«Griffiges Konzept» wird verlangt
Immer wieder komme es in Basel zu «extremen Gewaltexzessen und Sachbeschädigungen» an meist unbewilligten Demonstrationen. Die Polizeileitung schaue dabei oft tatenlos zu und lasse Chaoten gewähren, so der Wortlaut in der Medienmitteilung der SVP. Die Initiativen verlangten nach einem «griffigen Konzept», damit illegale Demos unterbunden werden können.
«Wir möchten, dass die Polizei bei der Vergabe von Bewilligungen den Fokus stärker auf die sogenannten Platzbewilligungen legt», sagt Joël Thüring an der Pressekonferenz gegenüber Baseljetzt. Es gebe das Grundrecht der Demonstration, dieses wolle man auch nicht angreifen. «Es ist aber kein Grundrecht, dass man durch die Gerbergasse oder die Freie Strasse marschieren kann.»
Stossrichtung sei nachvollziehbar
Sogenannte «Chaoten» sollen dingfest gemacht werden können, ergänzt Demi Hablützel, die Präsidentin der JSVP Basel-Stadt: «Diejenigen, die für Schäden verantwortlich sind, sollen auch dafür haften.» Die Regierungsrätin und Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartements, Stephanie Eymann, äussert sich gegenüber Baseljetzt zu den beiden SVP-Initiativen: «Ich habe bei Amtsantritt klar gemacht, dass mir namentlich die hohe Zahl an unbewilligten Demonstrationen missfällt und ich etwas dagegen unternehmen möchte.»
Erste Schritte seien dabei bereits eingeleitet, trotzdem sei die Zahl noch zu hoch. «Wir stehen derzeit mit verschiedenen Gruppen – unter anderem auch mit dem Gewerbe – bereits in Kontakt, um weitere Verbesserungen zu erzielen», ergänzt Eymann. Die Stossrichtung der Initiativen sei nachvollziehbar und werde von ihr geteilt.
Allerdings müsse man Lösungen finden, die in der Praxis auch umgesetzt werden können: «Und das ist angesichts des engen Korsetts an diversen Ansprüchen, Gesetzen und Alltagsrealitäten harte Arbeit, die nicht von heute auf morgen Erfolge verspricht.» Wie sich der Regierungsrat zu den Forderungen der Initiativen stellen werde, könne sie nicht vorwegnehmen.
Massnahmen und Initiativen brauchen Zeit
Auch LDP-Grossrätin Annina von Falkenstein hat Verständnis dafür, dass heiss über das Thema debattiert wird, schliesslich handle es sich – neben Parkplätzen – um eines von zwei grossen Themen in der Stadt Basel. «Ich weiss nicht, ob es richtig ist, jetzt mit Initiativen vorzupreschen. Ich kann es auf eine Art nachvollziehen, weil das Gewerbe leidet. Ich höre von jungen Familien in meinem Umfeld, die sagen, dass sie am Samstag nicht mehr in die Stadt gehen.»
Massnahmen bräuchten aber Zeit, genauso wie der Abstimmungsprozess und die Umsetzung von Initiativen. Dass die SVP mit der Zahl von 287 Demonstrationen Wahlkampf betreibt, obwohl gemäss Polizeistatistik nur 18 Demonstrationen im vergangenen Jahr einen Einfluss auf den öffentlichen Verkehr hatten, verwundert von Falkenstein nicht. Trotzdem bleibe die Zahl relativ hoch, wenn man bedenke, wie viele Menschen an einem Tag jeweils von Einschränkungen und Störungen betroffen seien.
Gar kein Verständnis für die beiden Initiativen hat SP-Grossrätin Michela Seggiani. Einerseits frage sie sich, was der Begriff «Chaot» überhaupt bedeute. Andererseits ginge es beim Demonstrieren ja genau darum, durch die Stadt ziehen zu können und sichtbar zu sein. «Wenn man nur noch durch irgendwelche Gässchen ziehen kann, kann man es auch gleich bleiben lassen», so die Grossrätin gegenüber Baseljetzt.
Nächste unbewilligte Demonstration am Mittwoch angekündigt
Die SVP wird pro Initiative je 3’000 Unterschriften sammeln müssen. Darum wird sie sich in den kommenden Wochen kümmern. Ob die Doppelinitiative beim Basler Volk auf Anklang stösst, wird sich zeigen.
Für den 8. März haben verschiedene Gruppierungen bereits zu einer nächsten unbewilligten Kundgebung auf dem Barfüsserplatz aufgerufen, wie der Kanton Basel-Stadt am späteren Nachmittag mitteilte. Unter den Teilnehmenden befinden sich laut Erkenntnissen der Kantonspolizei auch Gruppierungen aus der «gewaltbereiten linksextremen Szene».
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