
Verkehrsproblem in der Rheingasse: «Es kommt fast täglich zu heiklen Situationen»
Lea Meister
Begegnungszonen bieten mehr Raum für Fussgängerinnen und Velofahrer. Was in der Theorie harmonisch klingt, kann durchaus auch heikel sein. Ein Abend in der Rheingasse zeigte dies auf. Was sagen Polizei und Gastrounternehmen?
Samstagabend, kurz nach 18 Uhr. Es ist heiss und Baslerinnen und Basler zieht es nach draussen in Bars. So beispielsweise in der Rheingasse. Nach ein paar Stunden an einem Tisch zeigt sich: Ganz ungefährlich ist der Feierabenddrink in der Rheingasse nicht. Denn Barbesucherinnen und Verkehrsteilnehmer kommen sich hier teilweise gefährlich nahe. In der Rheingasse gilt Tempo 20. Nur wenige Autos fahren an diesem Abend durch die Gasse. Wenn sich einmal eines durchschlängelt, dann im Schritttempo.
Besonders auffällig sind E-Bikes, die mit teilweise gefährlicher Geschwindigkeit durch die Rheingasse rasen und mehrfach nur knapp die Handtasche, die am Stuhl hängt oder die Haarpracht einer Barbesucherin nicht streifen. Gefährlich scheint auch die Anzahl Velos zu sein. Denn für ein Fahrrad gibt es stets genug Platz. Fahren aber deren fünf gleichzeitig in beide Richtungen mitten durch die Aussenbestuhlung hindurch, kann es schon einmal eng werden. Oder eben: gefährlich. Denn der spontane Gang auf die Toilette oder das Bedienen der Kundschaft draussen kann so sehr heikel werden.
Keine Beschwerden mehr seit diesem Frühling
Doch: Gibt es in der Rheingasse wirklich ein Problem? Stefan Schmitt, Mediensprecher der Kantonspolizei Basel Stadt, sagt auf Anfrage, dass im Juni 2022 der Polizei aus verschiedenen Quellen gemeldet wurde, dass Velofahrende in der Rheingasse sehr rücksichtlos fahren würden. Die Verantwortlichen der Verkehrsprävention gingen dem nach und kamen zum Schluss, dass es bei diesem Problem nicht primär um die Rheingasse und die Velonutzung geht, sondern um «ein viel grösseres Problem: die fehlende Fairness».
Im Frühjahr 2023 startete – nach bereits durchgeführten Kampagnen in den Jahren 2013 und 2016 – dann die Kampagne «Fair im Verkehr». Eine Begegnungszone wie die Rheingasse war für die Lancierung der Kampagne gut geeignet. «Gerade hier sollten Rücksichtnahme, Anstand und Respekt keine Fremdwörter sein», so Schmitt. Beschwerden über Rücksichtslosigkeit, die im Juni 2022 zahlreich bei der Polizei eingegangen sind, seien unterdessen stark zurückgegangen. «Seit diesem Frühling sind keine mehr eingegangen», sagt Schmitt.
Praktisch täglich heikle Situationen
Ist das Problem also aus der Welt geschafft? «Die Situation mit dem Verkehr in der Rheingasse ist eigentlich seit Jahren ein Thema für uns», sagt Jonas Gass, COO der Krafft Gruppe, auf Anfrage von Baseljetzt. «Wir haben uns natürlich daran gewöhnt und gelernt, damit umzugehen.» Es komme aber dennoch praktisch täglich zu heiklen Situationen, so Gass.

Gerade auch wegen des Baustellenverkehrs, der durch die laufende Umgestaltung der Rheingasse entstanden sei, werde es vor dem Aussenbereich des Hotel Krafft in der Rheingasse sehr eng, nicht zuletzt auch, weil der Schwarze Bären noch immer abgesperrt sei. «Wir haben das mittlerweile aber so intus, dass es bisher noch nie zu Unfällen mit Velofahrern oder E-Bikes kam», ergänzt Gass. «Glücklicherweise.»
«Glücklicherweise» noch nichts passiert
Das Wort «glücklicherweise» spricht auch Nikhil Bigler, Inhaber und Geschäftsführer des «Schall und Rauch» aus. Auch er beobachtet regelmässig eine heikle Verkehrssituation in der Rheingasse. Neuen Mitarbeitenden sage er stets, sie sollen vorsichtig sein und beim Servieren der Drinks immer gut nach rechts und links schauen. «Glücklicherweise» sei aber noch nie etwas passiert, soweit er wisse.

Bigler habe sich auch schon einmal überlegt, ein Schild mit einem Warnhinweis vor die Bar zu stellen, es aber dann dabei belassen. «Ende 2022 wurde in der Rheingasse ein Blitzer aufgestellt, der fast nur Velos erwischt hat, die zu schnell unterwegs waren», so Bigler. Ein Blick in das Datenportal des Kantons zeigt in dieser Zeit eine Häufung von Bussen für E-Bike-Fahrer:innen wegen zu schnellen Fahrens innerhalb der Postleitzahl 4058, in deren Gebiet sich auch die Rheingasse befindet.
Möglich, dass sich nach dem laufenden Umbau der Rheingasse etwas verändert und die Verkehrssituation etwas ruhiger wird. Die Umgestaltung könnte die Fahrt durch die Rheingasse aber gerade für Velofahrer:innen noch attraktiver machen, wie Bigler vermutet.
Umgestaltung lässt Randsteine verschwinden
Die Bauarbeiten für die Erneuerung der Rheingasse dauern voraussichtlich noch bis Herbst 2027 an. Die Gasse soll sich noch mehr zur «Gastromeile» und einem Ort für Events weiterentwickeln können, wie der Kanton vor ein paar Monaten mitteilte. Die Randsteine des Trottoirs fallen weg und die Fahrbahn wird angehoben, damit Fussgänger:innen die ganze Strassenbreite nutzen können.
In der Mitte der Strasse ist ein 3,5 Meter breites Asphaltband für Autos und Velos geplant. Beibehalten wird der bereits heute gültige durchgängige Fussgängervortritt und Tempo 20 für Autos und Velos sowie die Einschränkungen für Motorfahrzeuge.
Bleibt zu hoffen, dass das Wegfallen der Randsteine nicht dazu führt, dass sich der Verkehr noch mehr vermischt. Und, dass sich auch Velofahrerinnen und Velofahrer – besonders diejenigen auf E-Bikes – an das festgelegte Tempo 20 halten. Denn heute tun dies noch zu wenige.
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Boldis
Ich warte auf die Forderung, dass man Velowege aufs Matterhorn und aufs Jungfraujoch etc bauen soll
Boldis
Ich frage mich warum müssen Velos durch eine Fussgänger / Gastro Begegnungszone zirkulieren?