Ziel verfehlt – bis zur vollen Barrierefreiheit ist es noch ein weiter Weg
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Öffentlicher Verkehr
Schweiz

Ziel verfehlt – bis zur vollen Barrierefreiheit ist es noch ein weiter Weg

10.11.2023 10:00 - update 10.11.2023 10:03

Baseljetzt

Erst 60 Prozent der Bahnhöfe werden Ende Jahr für Menschen mit Behinderungen autonom nutzbar sein. Beispiele wie diese zeigen, dass die volle Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr noch in weiter Ferne liegt.

Im strassengebundenen öffentlichen Verkehr (öV) werden Ende 2023 etwa ein Drittel der schweizweit gut 23’000 Bus- und Tramhaltestellen den Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes entsprechen. Dabei hätte das Ziel der vollen Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr in der Schweiz laut Gesetz Endes dieses Jahres erreicht sein sollen. Das teilten der Verband öffentlicher Verkehr (VöV), Schweizerischer Städte-, Schweizerischer Gemeindeverband und andere am Freitag mit.

Sie sagen, im Kampf um Barrierefreiheit sei zwar viel erreicht worden. Beispielsweise hätten die Bahnunternehmen stark frequentierte Bahnhöfe vorrangig ausgebaut, so dass 80 Prozent der Reisenden von den Umbauten profitierten. Weitere Verbesserungen seien aber nötig.

Ersatzlösungen sollen Abhilfe schaffen

ÖV-Unternehmen, Kantone, Städte und Gemeinden versprechen, dass 2024 Behinderte an allen noch nicht umgebauten Bahnhöfen und Haltestellen Ersatzlösungen finden, beispielsweise dank Hilfe durchs Personal oder dank Shuttle-Fahrdiensten. Die Kosten für Letztere werden von den Besitzern der Haltestellen getragen.

Personen mit eingeschränkter Mobilität könnten sich ab 2024 via Onlinefahrplan umfassender über die Barrierefreiheit der Haltestellen und angebotene Ersatz- oder Überbrückungslösungen informieren. Zudem werde das bestehende Contact Center Handicap der SBB «gezielt ausgebaut», sagen die ÖV-Betreiber, Kantone und Gemeinden weiter.

Dieses Contact Center werde Kundinnen und Kunden aller Transportunternehmen als Anlaufstelle zur Verfügung gestellt. Sämtliche Reisende sollten ab 2024 die Dienstleistungen des öffentlichen Verkehrs diskriminierungsfrei nutzen können.

Hohe Kosten, komplizierte Verfahren

Am 1. Januar 2004 trat das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) in Kraft. Die Besitzer von Fahrzeugen und Haltestellen des öffentlichen Verkehrs hatten also zwanzig Jahre Zeit zur Umsetzung. Dass es damit nicht vollständig geklappt hat, führen VöV und die Gemeinwesen der öffentlichen Hand auf hohe Kosten für bauliche Anpassungen zurück.

Auch seien die Verfahren oft kompliziert, etwa wenn eine Volksabstimmung für Kredite nötig sei. Und mancherorts seien die topografischen Verhältnisse schwierig. Weiter hätten die Bahnen mehr Bahnhöfe umbauen müssen als ursprünglich vorgesehen.

Verspätung auch in Basel

Auch in Basel lag der Umsetzungsstand bei den Tram- und Kombihaltestellen 20 bis 30 Prozent unter der Prognose von 2018.

Hier dürften erst 2028 gemäss aktueller Planung alle Haltekanten mit «sehr hoher Bedeutung» umgestaltet sein. Bis Ende 2023 verbleiben demzufolge noch 33 ohne Anpassung.

Verschiedene Verantwortungen

Verantwortlich für die Umsetzung des BehiG im öffentlichen Verkehr sind die Bahninfrastrukturbetreiberinnen und -betreiber für Zugänge und Perronanlagen in den Bahnhöfen. Für Fahrzeuge und die Kundeninformation sind es die Transportunternehmen.

Die Grundeigentümer sind für die Anpassung von Haltestellen für Busse und Trams verantwortlich. Die meisten im öV eingesetzten Fahrzeuge sind laut der Mitteilung heute behindertengerecht gestaltet. (sda/jes)

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