Dem Knochenkrebs zum Trotz: «Beim Handicap-Tauchen finde ich meine Freiheit»
Shahed Staub
Die Tauchschule Octobasel bietet Handicap-Tauchen an. Hier können Menschen mit Behinderungen unbeschwerte Momente erleben. So verspürt auch Jörg Corsten unter Wasser wieder ein Stück Freiheit.
Jörg Corsten war acht Jahre alt, als bei ihm Knochenkrebs diagnostiziert wurde. Seither ist er im Alltag bewegungseingeschränkt. 43 Operationen und eine Chemotherapie hat er hinter sich. Seit ihm das Kniegelenk im rechten Bein entfernt wurde, fehlt ihm besonders die Stabilität beim Gehen.
Um Menschen mit Behinderungen Sport und Bewegung zu ermöglichen, hat sich die Tauchschule Octobasel darauf spezialisiert. Patric Huber und sein Team bieten Handicap-Tauchen an. Von diesem macht auch Corsten seit rund 7 Jahren Gebrauch. «Wenn neue Operationen es nicht erschweren, geniesse ich es, so oft wie möglich unbeschwert abzutauchen.»
«Ein Gefühl von Schweben, als wäre ich im Traum»
Auf Kreta oder am Vierwaldstättersee war Corsten schon tauchen. An diesem Tag jedoch heisst das Gewässer Gartenbad Bachgraben. Seit Anfangs Oktober ist das Freibad für die Öffentlichkeit geschlossen, einzig für den Tauchkurs steht es zur Verfügung. Neoprenanzug, Kopfhaube und Schwimmflossen werden angelegt – zusammen mit den Tauchflaschen kommen dabei gut und gerne über 20 Kilogramm zusammen. Mit zwei Begleitpersonen geht es dann für Corsten ins Schwimmerbecken, dessen Wassertemperatur etwa 17 Grad beträgt.
Über eine eigens angefertigte Rampe geht es ins Wasser, der Daumen zeigt nach unten: Es ist das ist das Zeichen zum Abtauchen. Corsten taucht nun 100 Meter, also rund zwei Bahnen lang. «Ein Moment der Freiheit», beschreibt er den Moment. Das schwerelose Schweben hilft ihm abzuschalten. In der Ruhe unter Wasser vergisst er für eine Zeit lang sein Handicap, vergisst die Bewegungsbeschwerden im Alltag. «Es ist wie das Gefühl von Schweben, von dem man im Schlaf träumt», schwärmt er über den Moment. Nach den zwei Längen ist wieder Schluss.
«Irgendwann werden wir alle ein Handicap haben»
Behindertengerechte Plätze sind elementar für Menschen wie Corsten, an der Umsetzung hapert es jedoch oft. «Einen barrierefreien Ort zu schaffen, muss gar nicht immer mit grossem Mehraufwand verbunden sein», erklärt er. Ein Handlauf, kurze Wege, flache Rampen – es wäre eigentlich nicht kompliziert. «Schlussendlich werden wir alle einmal ein Handicap im Alter haben. Warum also nicht schon heute für morgen sorgen?»
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Felice
🫵👍💪
Sonnenliebe
Das ist sehr erfreulich, danke für den Bericht.