Der Einsatz am 1. Mai kostete 600’000 Franken
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Grosser Rat
Basel-Stadt

Der Einsatz am 1. Mai kostete 600’000 Franken

10.05.2023 15:18 - update 10.05.2023 18:08

Marko Lehtinen

Nach dem Polizeieinsatz an der 1. Mai-Demo in Basel lagen im Grossen Rat am Mittwoch sechs Vorstösse zum Thema auf dem Tisch. Die meisten davon kamen von Links.

Der Polizeieinsatz an der diesjährigen 1. Mai-Kundgebung in Basel hat hohe Wellen geschlagen. Vor allem die stundenlange Einkesselung einiger Demonstrierenden durch die Polizei sorgte für hitzige Debatten – und hatte auch sechs Interpellationen im Grossen Rat zur Folge. Eine kam von der SVP, eine von der EVP, der Rest von Links. Sie standen am Mittwoch auf der Traktandenliste.

Zu Beginn der Debatte wollte SVP-Grossrat Joël Thüring wissen, wie hoch die Kosten für «die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung an der 1. Mai-Demo» gewesen seien. Er betonte, dass er den Einsatz richtig und notwendig fand, dass dieser Einsatz «den Steuerzahler» aber Geld gekostet hätte und es deshalb wichtig wäre, die genauen Kosten zu kennen. Stephanie Eymann, Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartements, nannte die Zahlen: Die Gesamtkosten für den Einsatz beliefen sich auf 600’000 Franken, der Helikoptereinsatz allein kostete 11’300 Franken. «Soweit bekannt, fielen keine weiteren Kosten an», ergänzte Eymann.

Laut der zuständigen Regierungsrätin fielen bei der Polizei an dem Tag insgesamt 3652 Überstunden an. 80 Überstunden waren es bei den BVB.

Verbesserung der Kommunikation in Aussicht?

In einem nächsten Vorstoss erkundigte sich EVP-Grossrat Thomas Widmer-Huber über die Verbesserungsmöglichkeiten der Kommunikation der Polizei mit den Demonstrierenden. Eymann antwortete, die Polizei versuche «immer proaktiv mit den Demonstrierenden in Kontakt zu treten». Eingesetzt würden dabei auch speziell dafür ausgebildete Polizist:innen in Zivil. Deeskalieren könnten sie jedoch nur, wenn auch die Demonstrierenden zum Dialog bereit wären. «Nicht alle an einer Demo haben ein Interresse daran.»

Viele Fragen zur gesperrten Route

Einen ganzen Bündel an Fragen umfasste Toya Krummenachers (SP) Interpellation «betreffend Folgen des Polizeieinsatzes». Sie gab sich vor dem Rat sehr emotional, sprach von einer sehr anstrengenden Zeit und betonte: «Ich verurteile jegliche Art von Gewalt». Sie kritisierte erneut den Polizeieinsatz vom 1. Mai und sagte: «Diese Art von Staat will ich nicht». Von den Zuschauerrängen gab’s Applaus.

Sie wollte von Stephanie Eymann unter anderem wissen, warum die Route der Demo überhaupt bewilligt worden war, wenn die Gefährdungslage um den Bankverein zugleich als zu hoch eingeschätzt wurde – was wiederum zur Einkesselung bei der Elisabethenkirche führte.

Eymann betonte in ihrer Antwort, dass die Kantonspolizei in solchen Situationen die operativen Entscheidungen fällen würde. Diese hätte den Verdacht gehabt, «dass Sachbeschädigungen oder gar Gewalttätigkeiten geplant» gewesen seien, weshalb die Massnahmen getroffen wurden.

«Machtdemonstration der Polizei»

Um grundsätzliche Fragen ging es im Anschluss beim Vorstoss zur «Machtdemonstration der Polizei» von Oliver Bolliger (BastA). Er sagte zunächst, dass er Szenen wie in diesem Jahr an einem 1. Mai noch nie gesehen habe. Und er hoffe, dass ein solches Vorgehen nicht «der neue Massstab» der Polizei wäre.

Dazu sagte Eymann, dass die Massnahmen aufgrund von Erfahrungswerten der vergangenen Jahre getroffen worden seien.

Grundsätzliche Aufarbeitung der Ereignisse

Fleur Weibel von den Grünen forderte in ihrer Interpellation wiederum eine umfassende Aufarbeitung des Polizeieinsatzes – und vertrat die Meinung, «die Repression gegenüber politischen Demonstrationen durch die Balser Polizei» habe in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Sie habe vom 1. Mai mehrere Berichte von Augenzeug:innen erhalten und erzählte von einer Wandererin, die zufällig vor Ort gewesen sei und für Stunden eingekesselt war. «Solche Berichte und Erlebnisse sind keine Randnotiz eines erfolgreichen Polizeieinsatzes – sondern völlig unakzeptabel», sagte Weibel.

Zürcher sprach von «Desinformation»

Als letzte Interpellation wurde ein Vorstoss von BastA-Grossrätin Tonja Zürcher behandelt. Sie behauptete, Stephanie Eymann habe die Öffentlichkeit im Bezug auf das Thema 1. Mai-Demos mit «offensichtlicher Desinformation» gefüttert, in dem sie behauptet habe, Basel sei am letztjährigen 1. Mai in «Schutt und Asche gelegt» worden. Zugleich würde die «Gewalt gegen friedlich Demonstrierende» nun klein geredet.

Im vergangenen Jahr sei es am 1. Mai zu «inakzeptablen Gewalttätigkeiten gegen die Sicherheitskräfte und einen Journalisten und zu grossen Sachbeschädigungen gekommen», antwortete Eymann. Der Begriff «in Schutt und Asche gelegt» sei vom Justiz- und Sicherheitsdepartement verwendet worden, um «umgangssprachlich die Zerstörungswut einzelner Gruppierungen zu beschreiben».

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Kommentare

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10.05.2023 18:01

rothue

Was hätte es gekostet, wenn man den Demozug weiterlaufen gelassen hätte? Veröffentlicht doch die Zahlen vom 1. Mai 2022. Also nochmals, wir haben 600000 Fr. schon dümmer ausgegeben. Zu dem wurde von Seitens der RR und Polizei alles richtig gemacht. Auch mit Krummenacher & Co. habe ich kein Bedauern, für gilt der Satz “Mit gegangen, mit gefangen”.

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10.05.2023 15:34

TomGrau

dieser unverhältnismässige Polizeiterror muss aufgearbeitet werden und darf so nie wieder passieren. zum Glück stellen sich genug Menschen dem rechten Filz entgegen.

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