Der Kampf ums Herzstück geht weiter: Nun reist die Basler Politik nach Bundesbern
©Bilder: Keystone, Baseljetzt
ETH-Bericht
Region

Der Kampf ums Herzstück geht weiter: Nun reist die Basler Politik nach Bundesbern

HEUTE • 16:09 Uhr - update HEUTE • 18:20 Uhr
Shahed Staub

Shahed Staub

Der ETH-Bericht von Ulrich Weidmann stellt die Basler Baupläne auf den Kopf: Herzstück verschieben, Rheintunnel priorisieren. Die Studie «Verkehr ’45» wurde am Montag von der Basler Politik eingeordnet – mit klaren Forderungen an Bundesbern.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die ETH-Studie «Verkehr ’45» stuft den Basler Tiefbahnhof und das Herzstück erst als Projekt nach 2045 ein, während der Rheintunnel höchste Priorität erhält
  • Vertreterinnen und Vertreter beider Basel kritisieren die Bewertung als nicht nachvollziehbar und fordern vom Bund eine Korrektur der Priorisierung zugunsten des Bahnausbaus
  • Esther Keller, Isaac Reber und Martin Dätwyler betonten an einer gemeinsamen Medienkonferenz die nationale Bedeutung des Basler Verkehrsknotens und verlangen gleichwertige Investitionen in Strasse und Schiene

Es war der Bundesrat und Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) höchstpersönlich, der eine Übersicht über alle grossen Verkehrsprojekte der Schweiz erstellen liess: Albert Rösti. «Wie soll die Verkehrsinfrastruktur in der Schweiz ausgebaut werden?» – diese Frage liess der SVP-Bundesrat von der ETH Zürich untersuchen. Und deren Antwort für Basel lautet: Der geplante Tiefbahnhof muss warten.

500 Projekte wurden der ETH zur Prüfung übergeben, mit einem Finanzrahmen von über 112 Milliarden Franken. Die Projekte wurden im Quervergleich priorisiert und dabei in eine der Kategorien 1 bis 6 eingeteilt (von «keine Priorität» bis hin zur dringendsten, der «Priorität 2025–2045»). Am Montagmittag traten Vertreter des Kantons Basel-Stadt (Esther Keller), Baselland (Isaac Reber) und der Handelskammer beider Basel (Martin Dätwyler), um die Studie «Verkehr ’45» einzuordnen.

Der Kampf ums Herzstück geht weiter: Nun reist die Basler Politik nach Bundesbern
Der Baselbieter Baudirektor Isaac Reber, die Basler Baudirektorin Esther Keller und Martin Dätwyler (von links nach rechts) ordneten am Montag den ETH-Bericht von Professor Ulrich Weidmann ein. Bild: Baseljetzt

Was bedeutet die Studie für die Region Basel?

Die ETH-Studie stufte viele Basler Projekte als vorrangig, also mit hoher Priorität (Kategorie 1) ein. Beispiele sind der Perronzugang Margarethen oder der Neubau der Margarethenbrücke. Auch kleinere Projekte wie das Wendegleis in Aesch erhielten von der Studie grünes Licht.

Anders als diese Projekte wurde jedoch der Kapazitätsausbau Knoten Basel – zu dem auch der Tiefbahnhof und das sogenannte Herzstück gehören – nicht als prioritär eingestuft. Ausgerechnet das Herzstück, Basels Herzensangelegenheit, wurde in die Priorität 2 eingereiht. Gebaut würde damit erst nach 2045.

Das Herzstück Basel: Vom Hoffnungsträger zum Sorgenkind

Vor rund 25 Jahren wurde in Basel zum ersten Mal vom «Herzstück» gesprochen – einer unterirdischen Bahnverbindung zwischen dem Bahnhof SBB und dem Badischen Bahnhof. Zwischen 2008 und 2012 führten die Kantone Basel-Stadt und Baselland erste technische Vorstudien durch. Das Ergebnis: Das Projekt wäre grundsätzlich machbar. 2017 wurde deshalb ein Vorprojekt in Auftrag gegeben, das 30 Millionen Franken kostete.

Begründet wird der niedrige Prioritätsentscheid vom Studienherausgeber Weidmann folgendermassen: «Das Herzstück kann nach gegenwärtiger Planung aus technischen Gründen nicht mehr im Priorisierungshorizont 2025–2045 berücksichtigt werden.» Zwar sei das Herzstück ein «konzeptionell interessanter Ansatz», so Weidmann, «der sich in der Konkretisierung indessen aber als aufwendig erweist».

Esther Keller: «Wir sind schlecht gestartet – der Match ist aber noch nicht verloren»

«Dicke Post, die viele Fragen ausgelöst hat», nennt Esther Keller den ETH-Bericht. Lange sei im Bahnverkehr wenig investiert worden, umso wichtiger sei es nun gewesen, endlich zu handeln. Die Studie «Verkehr ’45» sei, so Keller am Montagmittag, «wie eine grosse Bombe, die geplatzt ist».

Soll – so will es der Weidmann-Bericht – erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts in Basel unterirdisch gebaut werden, habe das gravierende Folgen, warnt die Basler GLP-Regierungsrätin. «Man kann nicht mehr Züge nach Basel, von Basel weg oder durch Basel hindurch führen, wenn der Verkehr nicht unterirdisch gelegt wird», ist sich Keller sicher. Zürich und Bern machten es längst vor. «Der Verkehr muss unterirdisch gelegt werden. Oder sagen Sie mir bitte, wo ich die Häuser abreissen soll, damit der Bahnverkehr durch Basel kommt?», so Keller.

In den nächsten Tagen will Keller Bundesrat Rösti zu einem Gespräch treffen, auch ein Treffen mit Professor Weidmann ist geplant. Ihre Botschaft im Gepäck nach Bern: Das Herzstück in Basel ist nicht nur ein regionales Projekt – der Engpass im Basler Schienenverkehr betrifft die ganze Schweiz. Keller bleibt trotz der geplatzten Bombe optimistisch: «Wir sind schlecht gestartet – aber der Match ist noch nicht verloren.»

Das sagen Esther Keller, Isaac Reber und Martin Dätwyler zum ETH-Bericht:

Herausforderungen nicht nur erkennen, sondern angehen

«Nicht erklärbar, nicht akzeptabel» – dass der Bahnverkehr in Basel kaum priorisiert wird, kann sich der Vorsteher der Bau- und Umweltschutzdirektion Basel-Landschaft, Isaac Reber (Grüne), nicht schlüssig erklären. «Es ist komisch, dass die Studie zwar erkennt, dass es Handlungsbedarf gibt, aber keine Massnahmen vorgesehen sind», so Reber.

Die Engpässe in der Schweiz nur auf der Strasse anzugehen, sei der falsche Ansatz, so der Baselbieter Baudirektor. Im Vergleich zum Tiefbahnhof in Basel zeigt sich für die Zukunft des Strassenverkehrs in Basel ein anderes Bild: Der Ausbau des Rheintunnels Basel wurde im ETH-Bericht in die höchste Priorität aufgenommen – 1,8 Milliarden Franken sollen dafür investiert werden. Dies, obwohl der Rheintunnel im Rahmen der eidgenössischen Abstimmung über den Ausbau der Nationalstrassen vom Schweizer Stimmvolk noch im November 2024 abgelehnt wurde.

Der Kampf ums Herzstück geht weiter: Nun reist die Basler Politik nach Bundesbern
Das Herzstück sollte den Basler Schienenverkehr unterirdisch führen – nun ist seine Zukunft ungewiss.Grafik: SBB

Die Herausforderungen nicht nur zu erkennen, sondern sie auch anzupacken, verlangt auch die Handelskammer beider Basel. «Die Schweiz braucht ein leistungsfähiges Verkehrssystem», betont Direktor Martin Dätwyler am Informationsanlass vom Montagmittag. Das gelte es nun «politisch zu korrigieren», fordert Dätwyler. Der Bundesrat trage hier eine grosse Verantwortung – insbesondere für einen raschen Ausbau des Bahnknotens Basel.

Diese vier Punkte werden nun vom Bund gefordert

  1. Strasse und Schiene in der Region Basel sollen gleichermassen entwickelt werden.
  2. Auch Grossprojekte sollen finanziert und realisiert werden – dazu sei eine Etappierung unumgänglich. Der Bund müsse dies bei der Planung der nächsten Ausbauschritte berücksichtigen.
  3. Mit dem Ertüchtigungspaket sollen der Tiefbahnhof Basel SBB sowie die Infrastrukturausbauten im Fricktal als erste Etappe des Bahnausbaus Basel in den nächsten Ausbauschritt aufgenommen werden.
  4. Soll der Rheintunnel wieder aufgenommen werden, müsse mit flankierenden Massnahmen ein zusätzlicher Mehrwert für Bevölkerung und Wirtschaft geschaffen werden.

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Dein Kommentar

Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise

Kommentare lesen?

Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.