«Die Uni soll nicht einknicken»: Reaktionen auf die Vorwürfe gegen Studienfach
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Urban Studies
Basel-Stadt

«Die Uni soll nicht einknicken»: Reaktionen auf die Vorwürfe gegen Studienfach

28.11.2023 18:20 - update 29.11.2023 05:59
Michel Schultheiss

Michel Schultheiss

Der Lehrgang Urban Studies soll ein Hort von politischem Aktivismus sein. Die Sache scheint die Studierenden aber weniger zu beschäftigen als angenommen. Die «Skuba» sorgt sich eher um die Wissenschaftsfreiheit.

Die Prüfungen nahen. Entsprechend hektisch geht es vor der Unibibliothek zu und her. «Keine Ahnung», heisst es, wenn die Studierenden auf die heftigen Vorwürfe aus der Presse gegen die Uni Basel angesprochen werden. Dies zumindest zeigt ein Augenschein von Baseljetzt vor Ort am Dienstagmorgen. Die Artikel aus der Sonntagszeitung sind den meisten Angesprochenen nicht geläufig – andere Themen wie eben die Prüfungen sind angesagt.

Es gibt aber auch Ausnahmen: Indem die Uni eine Untersuchung einleite, gebe sie dem Druck der Medien nach, findet Geschichts- und Slavistikstudent Silvan Degen. «Die Uni sollte aber die Freiheit der Forschung verteidigen und nicht einfach einknicken», sagt er gegenüber Baseljetzt. Eine weitere Studentin, die just das kritisierte Fach Urban Studies belegt, möchte sich noch nicht dazu äussern. Die ganze Sache beschäftige aber zurzeit die Studierenden dieses Masterlehrgangs sehr.

Ergebnisse der Untersuchung bis Ende Jahr

Bei den Studentinnen und Studenten anderer Fächer ist davon nicht viel zu spüren. Generell sind kaum Beanstandungen politischer Natur zu hören. Ob Medizin, Soziologie, Wirtschaft oder Umweltwissenschaften: Kaum jemand von den Befragten beschwert sich über Aktivismus an der Alma Mater.

Zwei Studierende nennen eine Ausnahme: Die Studentin und SVP-Politikerin Sarah Regez, die sich gegen das Gendern stemmte. Ein Medizinstudent erinnert sich auch an Palästina-Aktivisten, die einmal vor der Mensa Flyer verteilten. Free-Palestine-Sticker kleben zurzeit auch auf dem Abfalleimer bei der Bibliothek. Abgesehen davon sind zumindest von aussen keine Hinweise auf den Nahostkonflikt zu sehen.

Im Hintergrund rumort es aber: Die Uni Basel kündigte bereits vor zwei Wochen an, dass die Fakultät eine Untersuchung einleitet, um zu überprüfen, ob die wissenschaftlichen Standards eingehalten wurden. So etwa zu einem Text in einem Sammelband. Dort schreibt ein Doktorand, Israel setze gezielt Wildschweine als niederschwellige Waffe gegen die palästinensische Bevölkerung ein.

Nicht von Einzelaussagen auf ganze Fächer schliessen

Über das laufende Verfahren werde keine Auskunft gegeben, sagte Uni-Sprecher Matthias Geering gegenüber Baseljetzt. Die Abklärung werde «umfassend» sein und sich nicht auf diesen Einzelfall beschränken. Die Uni werde bis Ende Jahr die Resultate bekannt geben. Baseljetzt hat auch Kontakt aufgenommen mit einem der Professoren des Studiengangs Urban Studies. Wie dieser sagte, könne erst nach dem Abschluss der Untersuchung eine Stellungnahme erfolgen.

Der emeritierte Soziologie-Professor Ueli Mäder hat die Berichterstattung über die Urban Studies auch mitverfolgt. Als Mitglied der Uni-Ombudsstelle möchte er sich nicht zum konkreten Fall äussern. Generell findet er aber, einzelne Äusserungen von Studierenden oder Dozierenden könne man kritisieren, doch deswegen nicht auf ganze Fachgebiete schliessen. Die Berichterstattung über die Uni findet er einseitig. Die Diskurse seien dort viel differenzierter und die Konflikte schwächer als von aussen wahrgenommen.

Politische Haltung, aber mit Korrektiv

Die Vorwürfe schaden jedenfalls der Reputation der Uni, wie Catherine Alioth sagt. Die LDP-Grossrätin ist Präsidentin der interparlamentarischen Geschäftsprüfungskommission der Universität. Erst müsse man aber die Untersuchung abwarten. Dann könne man die Sache richtig einordnen, sagte Alioth gegenüber Baseletzt.

SP-Grossrat Claudio Miozzari möchte sich auch nicht zum konkreten Fall äussern. Generell findet der Historiker aber, dass die Uni ein Ort des kritischen Denkens sei, wo auch politische Haltungen diskutiert werden könnten. «Eine gute Forschung und Lehre hinterfragt ideologische Haltungen und funktioniert so auch als Korrektiv», so Miozzari.

«Skuba» zeigt sich besorgt

Der Vorstand der studentischen Körperschaft der Uni, kurz «Skuba», ist «in grosser Sorge über die Art und Weise, wie Medien Antisemitismus-Vorwürfe gegen ganze Fachbereiche der Uni inszenieren und andererseits wie diese Inszenierung Forschung und Lehre an der Uni beeinflussen könnte».

«In der entsprechenden Berichterstattung wird eine einzige, anonymisierte studierende Person, über deren politische Motivation wir nichts wissen, herangezogen, um die Stimme der Studierenden zu repräsentieren», so der Vorstand weiter. Die «Skuba», die das einzige politisch legitimierte Organ der Studierendenschaft sei, sei weder auf Ebene des Vorstandes noch auf Ebene der Fachgruppen von den Journalist:innen angefragt worden.

Derzeit versuche man, die Berichterstattung zu analysieren, damit zu einem späteren Zeitpunkt eine «fundierte Haltung dazu» entwickelt werden könne.

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Kommentare

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29.11.2023 06:52

TomGrau

“Die Studentin und SVP-Politikerin Sarah Regez, die sich gegen das Gendern stemmte.”

und was hat das mit dem Thema zu tun, liebe Redaktion? wenn man irgendwen von der SVP fragt, bekommt man irgendeine dumme populistische Antwort – Überraschung! aber Platz geben muss man dem ja nicht. 🙄

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