Eine Expertin klärt auf: So gefährlich sind Hitzetage wirklich
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Gesundheit
Basel-Stadt

Eine Expertin klärt auf: So gefährlich sind Hitzetage wirklich

11.07.2023 15:25 - update 12.07.2023 09:23
Michel Schultheiss

Michel Schultheiss

Die Temperaturen steigen und die Schweiz erlebt immer mehr Hitzetage. Das führt im schlimmsten Fall auch zu mehr Hitzetoten. Eine Expertin klärt auf, wie gefährlich diese Entwicklungen wirklich sind.

Martina Ragettli arbeitet am Swiss Tropical and Public Health Institute in Basel und forscht zu Klima und Gesundheit. Mit Baseljetzt sprach sie über Hitzetage, Hitzetote und wie man sich vor Hitze schützen kann.

Baseljetzt: Hitzetage gab es schon immer. Was macht die Situation jetzt schlimmer?

Dr. Martina Ragettli: Hitzetage gab es bereits früher, aber sie kommen nun deutlich häufiger vor und sind auch extremer. Ein Beispiel: Im letzten Jahr wurden in Basel-Binningen 35 Hitzetage gemessen. In der Mitte der 90er-Jahre waren es im Schnitt maximal zehn.

Nimmt denn die hitzebedingte Sterblichkeit zu?

Die Temperaturen werden immer extremer und Hitzewellen werden häufiger. Wenn wir keine Massnahmen ergreifen, müssen wir davon ausgehen, dass die hitzebedingte Sterblichkeit zunimmt.

Wie viele Hitzetote wurden im letzten Jahr registriert?

Unsere Forschung zeigt, dass ein Hitzetag von über 30 Grad heute eine geringere Wirkung auf die Sterblichkeit hat, als es vor 20 Jahren der Fall war. Neue Zahlen vom Bund zeigen, dass im Sommer 2022 rund 500 Menschen an der Hitze starben. Noch vor 20 Jahren im Hitzesommer 2003 waren es mehr als 1’000. Das ist ein Zeichen, dass wir uns auch ein wenig an diese Hitze anpassen und besser wissen, wie man mit ihr umgeht. Trotzdem: Die Temperaturen werden immer extremer und da ist es extrem wichtig, die Massnahmen zu optimieren.

Sind es vor allem ältere Menschen, die betroffen sind?

Die grösste Risikogruppe sind Personen, die über 75 Jahre alt sind. Der Grund dafür: Im Alter nimmt die Empfindlichkeit gegenüber der Hitze zu. Zu Risikogruppen gehören jedoch auch Personen mit einer chronischen Krankheit. Denn für sie ist die Hitze eine zusätzliche Belastung, welche zu einer Verschlimmerung der Krankheit führen kann. Auch Kleinkinder, schwangere Frauen und Personen, die draussen arbeiten, gehören zur Risikogruppe.

Wie kann man sich selber gegen die Hitze schützen?

Es ist wichtig, dass man regelmässig Wasser trinkt, körperliche Anstrengung nicht während der heissesten Tageszeit betätigt und, dass man die Hitze grundsätzlich vom Körper fernhält. Es hilft auch, den Körper mit beispielsweise einem kalten Tuch zu kühlen. Älteren Personen sollte man in der Hitze vermehrt Aufmerksamkeit schenken. Man soll vorbeigehen, mal anrufen und nachfragen, ob es ihnen gut geht.

Machen die Behörden genug, um gegen die Hitze anzukämpfen?

In den letzten Jahren haben viele Kantone und Städte Massnahmen getroffen. Da gibt es verschiedene Bereiche. Der erste ist, dass man die Bevölkerung über hitzebedingte Gesundheitsrisiken informiert. Da gibt es in Basel-Stadt beispielsweise das Hitze-Telefon, das man bei Fragen anrufen kann. Dann gibt es auch viele weitere Hitze-Kampagnen, welche die Bevölkerungen informieren und sensibilisieren. Der zweite Bereich sind Massnahmen während einer akuten Hitzewelle. Dazu gehört beispielsweise das Hitze-Warnsystem von Meteoschweiz.

Welche Rolle spielen Begrünungen in der Stadt?

Das gehört zum dritten Bereich: Langfristige Massnahmen. Städte und Gebäude werden so gebaut, dass sie sich nicht zusätzlich erhitzen. Mobile Begrünungen sind da auch eine mögliche Massnahme, um die Hitze in der Stadt zu reduzieren.

Noch einen Blick in die Zukunft: Der Klimawandel geht weiter – was kommt gesundheitlich auf uns zu?

Wie gesagt: Die Temperaturen werden immer extremer. Es ist wichtig, dass man neben einem guten Klimaschutz auch Massnahmen trifft, um unsere Gesundheit vor der Hitze zu schützen. Bestehende Massnahmenpläne sollten optimiert werden. Die Forschung zeigt, dass das vor allem dann wirksam ist, wenn verschiedene Akteure zusammenarbeiten. Das wird in gewissen Kantonen bereits so durchgeführt. Wünschenswert wäre es auch, wenn das Thema Hitze und Gesundheit vermehrt in anderen Polit-Bereichen verankert wird. Also, wie wir Städte bauen, Areale gestalten oder Häuser planen. Das alles hat nämlich eine Auswirkung auf unsere Gesundheit.

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