Bericht
Basel-Stadt

Experten der Nasenweg-Untersuchung: «Es war von Anfang an ein Fehler drin»

25.06.2025 08:00 - update 25.06.2025 16:01
Michael Kempf

Michael Kempf

Frank Urbaniok und Andreas Werren waren für den externen Bericht zum Tötungsdelikt am Nasenweg verantwortlich. Im «Punkt6 Thema» erklären sie, wie es zu so einem Vorfall kommen konnte.

Laut Andreas Werren haben die Klinik und die Vollzugsbehörden in diesem Fall alles korrekt gemacht. Allerdings habe man laut Werren einen entscheidenden Punkt übersehen. «Das, was für seine Rückfallgefahr entscheidend war, hat man während der zehn Jahre nicht entdeckt. Man hat ihn richtig behandelt, aber von Anfang an war ein Fehler drin, der sich dann gerächt hat.»

Doch wie konnte sich der mutmassliche Täter über zehn Jahre hinweg so verhalten und verstellen, dass niemand die Möglichkeit eines Rückfalls erkannte? Für Frank Urbaniok ist dies durchaus ungewöhnlich. «Im Normalfall fallen schizophrene Täter, die gefährlich sind, im Alltag auf», sagt Urbaniok. «Und das ist eine der Besonderheiten, dass das hier nicht der Fall gewesen ist.» Aus diesem Grund sei man von einer falschen Konzeption ausgegangen.

Die Rückkehr an den Tatort

Ein weiteres Thema, das für Gesprächsstoff sorgte, war die Tatsache, dass der Täter an den Ort am Nasenweg zurückkehrte, an dem er bereits zuvor mehrere Morde begangen hatte. Laut Andreas Werren habe man dies sicher auch überprüft, allerdings habe man den Ort weniger als Tatort, sondern eher als einen Ort, der einen Einfluss auf den Täter haben kann, angesehen. An diesem Ort lebt nämlich sein Vater, also ein wichtiger sozialer Bezugspunkt. «Er war auch schon einige Male dort und es gab keine Probleme», sagt Werren. Deshalb habe man sich in Sicherheit gewähnt, dass auch beim x-ten Mal nichts passieren würde.

Frank Urbaniok ist der Ansicht, dass man sich wahrscheinlich zu wenig bewusst war, dass der Tatort für den Täter noch eine Bedeutung haben könnte. Aber selbst wenn dies erkannt worden wäre, hätte es diesen Rückfall nicht verhindert, ist sich Urbaniok sicher.

Ein Umdenken bei Gutachten

Für beide Experten steht fest, dass die Kliniken keinen Fehler gemacht haben. Dennoch haben beide einen Zukunftswunsch an die Universitären Psychiatrischen Kliniken. «Solche Fälle zeigen, dass man sich nicht immer allzu sicher sein kann und sich nicht blind auf Gutachten verlassen sollte. Es braucht wieder mehr ‘Out of the box’-Denken», meint Frank Urbaniok. Auch Andreas Werren wünscht sich, dass sich die Behörden den Untersuchungsbericht zu Herzen nehmen und reflektieren. «Also quasi eine selbstkritische Auseinandersetzung: Wie haben wir gearbeitet und wie können wir so etwas in Zukunft vermeiden?», so Werren.

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