Tötung am Nasenweg: Rückfallrisiko beim mutmasslichen Täter nicht ausreichend erkannt
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Bericht
Basel-Stadt

Tötung am Nasenweg: Rückfallrisiko beim mutmasslichen Täter nicht ausreichend erkannt

24.06.2025 14:55 - update 24.06.2025 16:02

Baseljetzt

Ein externer Bericht zum Tötungsdelikt vom 8. August 2024 am Nasenweg in Basel zeigt: Die Tat war «schwer zu verhindern». Eine verdeckte Nebenrealität des mutmasslichen Täters sei über Jahre unentdeckt geblieben.

Das Tötungsdelikt vom 8. August 2024 am Nasenweg hätte gemäss einem externen Untersuchungsbericht kaum verhindert werden können. Die Verfasser, der forensische Psychiater Frank Urbaniok und der Jurist Andreas Werren, halten fest, dass das Rückfallrisiko des mutmasslichen Täters während der Behandlung in den Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) nicht ausreichend erkannt wurde. Grund dafür sei eine über Jahre unerkannt gebliebene, verdeckte Problematik. Das heisst es am Dienstag in einer gemeinsamen Medienmitteilung des Basler Justiz- und Sicherheitsdepartements und des Basler Gesundheitsdepartements.

Tötung am Nasenweg: Rückfallrisiko beim mutmasslichen Täter nicht ausreichend erkannt
Der externe Untersuchungsbericht wurde am Dienstag an einer Medienkonferenz in Basel vorgestellt. Im Bild: Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger, Andreas Werren, Frank Urbaniok und Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann (von links). Bild: Keystone

Der mutmassliche Täter war seit 2014 im Massnahmenvollzug in den Universitären Psychiatrischen Klinken (UPK). In diesen zehn Jahren habe er keinerlei Auffälligkeiten gezeigt – weder in der Klinik noch während über hundert bewilligten Ausgängen zu einem externen Arbeitsplatz. Die Tat im August 2024 habe er laut Mitteilung erstmals ausserhalb eines psychotischen Zustands verübt.

Die UPK stützte sich bei der Behandlung auf die Annahme, dass die Rückfallgefahr nur in psychotischen Phasen «hoch» sei. Diese Konzeption wurde von Gutachten und zahlreichen Risikobeurteilungen bestätigt. In der Behandlung sei deshalb konsequent darauf geachtet worden, Krisen zu verhindern oder früh zu erkennen und dann einzugreifen.

Der Bericht bemängelt jedoch, dass eine vom Wahnsystem des mutmasslichen Täters beeinflusste Nebenrealität nicht erkannt worden sei.

Kein systematisches Versagen

Trotz dieses Versäumnisses sehen die Gutachter kein gravierendes Fehlverhalten seitens der Kliniken oder Behörden. «Dieser folgenschwere Fall hätte auch in anderen gut geführten Institutionen geschehen können», heisst es in der Mitteilung. Entscheidungsprozesse, Dokumentation und Risikoanalysen hätten hohen Standards entsprochen, so der Bericht.

Die UPK und der Straf- und Massnahmenvollzug werden die Empfehlungen des Berichts vertieft prüfen und mögliche Optimierungen im Umgang mit verdeckten Risikofaktoren erarbeiten, wie es in der Mitteilung abschliessend heisst.

Anklage wegen Mordes

Das Tötungsdelikt vom 8. August 2024 sorgte in Basel und landesweit für Bestürzung und Aufregung. Der mutmassliche Täter, ein 33-jähriger Mann, soll gemäss Basler Staatsanwaltschaft am frühen Nachmittag des 8. August in einem Mehrfamilienhaus am Nasenweg eine 75-jährige Anwohnerin getötet haben. Die Basler Staatsanwaltschaft hat Anfang Juni gegen den Mann Anklage wegen Mordes erhoben. Es gelte die Unschuldsvermutung, hiess es weiter. Nach einer eintägigen Flucht nahm die Polizei den damals 32-jährigen Schweizer fest.

Beim Tatverdächtigen wurde eine hebephrene Schizophrenie diagnostiziert. Er hatte bereits im Jahr 2014 aufgrund von Wahnvorstellungen und Halluzinationen zwei Frauen getötet. Vor der mutmasslichen Tat im August 2024 hatte er sich in den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel befunden. Am 8. August 2024 hatte er Freigang.

Der Kanton Basel-Stadt hatte nach dem Tötungsdelikt Andreas Werren und Frank Urbaniok mit einer externen Untersuchung beauftragt, deren Ergebnisse nun am Dienstag veröffentlicht wurden. (jwe/daf)

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