Kriminalität
Basel-Stadt

«Wir haben in solch einem Fall noch nie so schnell öffentlich gefahndet»

13.08.2024 16:39 - update 14.08.2024 08:38
Lea Meister

Lea Meister

An der Medieninformation zum Tötungsdelikt am Nasenweg war die Staatsanwaltschaft nicht anwesend. Eine Frage blieb offen: Weshalb wurde erst am Freitag über die Gefährlichkeit des Flüchtigen informiert? Die Stawa erklärt die Gründe im Gespräch.

Im Interview mit Martin Schütz, Mediensprecher der Staatsanwaltschaft, haben wir nochmals über die Abläufe am vergangenen Freitag gesprochen. Einen Tag nach dem Tötungsdelikt am Nasenweg wurde eine Öffentlichkeitsfahndung eingeleitet, die schliesslich auch zur Verhaftung des 32-jährigen Tatverdächtigen führte. Gewisse Stimmen wurden laut, die der Meinung sind, dass die Informationen über den mutmasslichen Täter zu spät an die Öffentlichkeit gelangt sind.

Baseljetzt: Herr Schütz, wie schnell wurde die Fahndung nach dem 32-jährigen Tatverdächtigen im Tötungsdelikt am Nasenweg eingeleitet?

Martin Schütz: Als sich der Tatverdacht langsam erhärtet hat, ging alles sehr schnell vonstatten. Zuerst wurde mit allen internen polizeilichen Mitteln gefahndet, am Freitagmorgen kam dann die Frage auf, ob wir mit der Fahndung an die Öffentlichkeit sollen. Ob wir das harte Zwangsmittel anwenden oder nicht. Da die Fahndung nach dem mutmasslichen Täter für uns oberste Priorität hatte, sind wir zum Schluss gekommen, dass wir dieses Mittel auch in diesem frühen Ermittlungsstadium anwenden wollen. Wir haben dann damit begonnen, alles zu organisieren, so dass wir die Öffentlichkeitsfahndung gegen Mittag publik machen konnten. Gott sei Dank war dieses Mittel ja dann auch erfolgreich. Dank des aufmerksamen Hinweises einer Drittperson konnten wir den mutmasslichen Täter anhalten und in Gewahrsam nehmen.

Einige Stimmen wurden laut, die der Meinung sind, dass es zu lange ging, bis die Staatsanwaltschaft Details zu, Verdächtigen kommuniziert hat. Was sagen Sie dazu?

Als wir am Donnerstagnachmittag an den Tatort gerufen wurden, haben wir ein Tötungsdelikt vorgefunden mit unbekannter Täterschaft. Es gab praktisch keine Anhaltspunkte und zu Beginn auch nur ein ganz schwaches Signalement des Täters. In einem erste Schritt war es wichtig, die Tatortsicherung vorzunehmen. Zudem wurde im Umfeld des Tatortes gefahndet. Erst als wir den Sachverhalt einigermassen herstellen konnten, war es auch möglich, eine erste Information nach aussen zu tragen. Das war rund drei Stunden nach unserem Ausrücken der Fall.

Gewisse Leute waren irritiert darüber, dass die Öffentlichkeit nicht schon früher über die Gefährlichkeit des Tatverdächtigen informiert worden ist. Weshalb konnten Sie hierzu nicht schon ein paar Stunden früher kommunizieren?

Bei einer Straftat mit unbekannter Täterschaft muss man zuerst einmal herausfinden, wer für die Straftat überhaupt in Frage kommen könnte. An diesem Donnerstagnachmittag waren verschiedene Namen im Spiel, wie das bei ähnlichen Delikten oft der Fall ist. Danach beginnt kriminalistische Detailarbeit. Man muss ausschliessen, verifizieren, Anhaltspunkten nachgehen und Beweise auswerten. In einem gewissen Sinne ist das ein Puzzle-Spiel, aus welchem, wenn man Glück hat, ein Tatverdacht gegenüber einer Person resultiert. Im Laufe des Abends hat sich dieser Tatverdacht dann erhärtet. Wir mussten zwar noch immer andere Personen ausschliessen, selbstverständlich gehen in so einem Moment aber alle Fahndungsmöglichkeiten, die die Polizei hat, los. Eine Öffentlichkeitsfahndung ist dann jeweils die ultima ratio wenn alle anderen Fahndungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Eine Öffentlichkeitsfahndung ist ein hartes Zwangsmittel, das einen massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte einer Person darstellt.

Was gilt es bei Öffentlichkeitsfahndungen noch zu beachten?

Sie muss gut durchdacht sein. Wichtig ist auch, dass man sich überlegt, was für eine Wirkung sie auf den mutmasslichen Täter haben könnte. Könnte sie unter Umständen vielleicht sogar etwas provozieren? Was man auch nicht vergessen darf, wenn eine Öffentlichkeitsfahndung durchgeführt wird, braucht es auch die entsprechende Infrastruktur und die entsprechende Dienstplanung. Mit einer Öffentlichkeitsfahndung darf beispielsweise die Infrastruktur, die für Notrufe da ist, nicht überlastet werden.

Der Tatverdacht hat sich laut Ihren Aussagen am Donnerstag schon erhärtet, weshalb haben Sie dann nicht schon früher über die von der tatverdächtigen Person ausgehende Gefahr informiert?

Weil wir im Laufe der Nacht in erster Linie noch andere Tatverdächtige ausschliessen mussten und die polizeilichen Fahndungsmassnahmen, die einer Öffentlichkeitsfahndung zwingend vorausgehen müssen, zu diesem Zeitpunkt noch liefen.

Wurde Ihrer Meinung nach auf kommunikativer Ebene also alles richtig gemacht in diesem Fall?

Wir haben in solch einem Fall – seit wir das überblicken können – noch nie eine Öffentlichkeitsfahndung derart schnell eingeleitet, wie wir dies am vergangenen Freitag getan haben.

Anm. d. Red.: Das Interview wurde von Andri Gschwind geführt.

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Kommentare

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18.08.2024 05:24

akjo

Wie ich es verstehe, laufen potenzielle Mörder rum.

0 1
14.08.2024 17:42

Trixter

Sehr vertrauenswürdig, dass am Tattag mehrere Personen als Täter in Frage gekommen sind und durch Ausschlussverfahren ausgeschieden sind.
Laufen also mehr Potenzielle rum.
Echt super zu Wissen sowas.

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