Vorstoss
Basel-Stadt

Im Rathaus sollen mehr Frauen verewigt werden

19.06.2025 06:07 - update 19.06.2025 18:52
Michael Kempf

Michael Kempf

Aktuell sind 45 Frauen im Grossen Rat vertreten. Ein Blick auf die Gemälde und Büsten im Rathaus zeigt jedoch ein anderes Bild: Sie zeigen fast nur Männer. Ein Vorstoss soll dies nun ändern.

Der Grossratssaal im Basler Rathaus wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut. Zu dieser Zeit hatten Frauen in der Politik noch kein Mitspracherecht. Entsprechend sind auch die Wandmalereien im Saal gestaltet. Sie spiegeln das politische Denken dieser Zeit wider, denn es sind fast nur Männer dargestellt. Dies wollen nun einige Grossrätinnen, darunter Jo Vergeat und Anouk Feurer (beide Grüne), ändern.

Mit einem Vorstoss fordern sie den Regierungsrat auf zu prüfen, ob sich der Saal des Grossen Rates oder das Rathaus allgemein nicht auch um Gemälde und Büsten von Frauen ergänzen liesse, die Basel geprägt haben. «Man muss auch sehen, dass Kinder und Jugendliche, die mit ihrer Schulklasse ins Rathaus kommen, zum einen sehen, dass mittlerweile 45 Frauen im Grossen Rat sind. Dies wird in den Gemälden an der Wand aber überhaupt nicht repräsentiert», sagt Anouk Feurer gegenüber Baseljetzt.

Frauen als Allegorien

Bei genauerer Betrachtung der Gemälde im Grossen Rat fällt auf, dass auch Frauen an den Wänden vertreten sind. Dies bestätigt der Historiker André Salvisberg. «Allerdings kommt keine der Frauen, die hier auftreten, aus eigenem Recht ins Bild», sagt Salvisberg gegenüber Baseljetzt. Sie erscheinen, wenn überhaupt, nur als Allegorie, also als Symbolfigur für ein bestimmtes Thema.

Was ist eine Allegorie?

Die Allegorie ist eine Form indirekter Aussage, bei der eine Sache aufgrund von Ähnlichkeits- oder Verwandtschaftsbeziehungen als Zeichen einer anderen Sache eingesetzt wird.

  • Beispiel: Justitia ist eine Allegorie, also Symbolfigur für Gerechtigkeit.

So sind beispielsweise zwei Frauen links und rechts der Fensterfront zu sehen. Über der einen Frau steht «Veritas» und über der anderen «Mendacium», die lateinischen Worte für Wahrheit und Lüge. «Die Frauen stehen also dafür, dass im Grossratssaal, in dem nur Männer sassen, die Wahrheit gesprochen werden soll», erklärt Salvisberg.

Im Treppenhaus des Basler Rathauses fällt ein kleines Gemälde von Dorothea Kannengiesser ins Auge. Sie war die Frau des ersten Basler Bürgermeisters Jakob Meyer zum Hasen. «Sie ist die einzige Frau unter den Basler Persönlichkeiten, die wir hier im historisch originalen Rathaus finden», so der Historiker.

Im Rathaus sollen mehr Frauen verewigt werden
Das Gemälde von Dorothea Kannengiesser im Basler Rathaus. Bild: Baseljetzt

Die Büste von Gertrud Spiess

Seit 2018 ist nun eine weitere Frau in den Hallen des Rathauses verewigt. Nämlich Gertrud Spiess, die 1975 in Basel als erste Frau zur Grossratspräsidentin gewählt wurde. Ihre Büste hat es allerdings nicht in den Grossratssaal geschafft, sondern steht im Eingangsbereich zum Grossratssaal. «Jede Person, die am Grossratstag ins Gebäude kommt, läuft an ihr vorbei», sagt Salvisberg. «Sie hat also einen sehr prominenten Platz erhalten.»

«In den Grossratssaal wird es wohl niemand mehr schaffen»

Aus rein denkmalpflegerischer Sicht hält der Historiker es für eher unwahrscheinlich, dass das neue Gemälde oder die Büsten von Frauen den Grossratssaal schmücken werden. «Ich denke, in den Grossratssaal wird es wohl niemand mehr schaffen, unabhängig vom Geschlecht.» Allerdings gebe es laut Salvisberg noch genügend freie Wände im Rathaus. «Wer weiss, vielleicht kommen da ja noch andere Frauen zum Zug.»

Es gibt zumindest genug bekannte Baslerinnen, die im Rathaus verewigt werden könnten. «Ich denke da zum Beispiel an Iris von Roten, die das Frauenstimmrecht massgeblich geprägt hat», sagt Anouk Feurer. «Oder die Ärztin Emilie Louise Frey, die als erste Frau an der Universität Basel studieren und promovieren durfte.» Auch Frauen wie Wibrandis Rosenblatt, die die Reformation in Basel aktiv prägte, oder Rut Keiser, die als eine der ersten weiblichen Konrektorinnen am Basler Mädchengymnasium tätig war und den Basler Lehrerinnenstreik 1959 mitorganisierte, wären geeignete Kandidatinnen.

Vorstoss breit abgestützt

Grossrätinnen von links bis rechts haben den Vorstoss unterschrieben und beim Regierungsrat eingereicht. Dass es sich dabei auch um Symbolpolitik handelt, ist Feurer bewusst. «Es ist sehr symbolisch», so Feurer, «aber auch alle Gemälde im Grossen Rat und im Rathaus sind symbolisch. Es wäre jedoch wichtig für die Wertschätzung der Frauen, die Basel seit jeher mitgeprägt haben, dass man diese sieht.»

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Kommentare

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19.06.2025 10:17

Thomy

Gertrud Spiess ehemalige CVP erste Grossrat Präsidentin und später auch Nationalrätin BS hat so eigentlich wie er sagt einen schönen Platz erhalten

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19.06.2025 09:51

Sonnenliebe

Das ist eine gute Sache, dass auch Frauen ihren Platz im Ratshaus erhalten.

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