Nachhaltige Mode: So will Yannik Zamboni aus Liestal durchstarten
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Nachhaltige Mode: So will Yannik Zamboni aus Liestal durchstarten

30.09.2024 12:27 - update 30.09.2024 16:55
Laura Pauli

Laura Pauli

Der Baselbieter Modedesigner Yannik Zamboni hat das Minimalziel seines Crowdinvesting-Projekts erreicht. Nun will er sich mit seinem Modelabel Maison Blanche für Nachhaltigkeit in der Modebranche einsetzen.

Der Liestaler Yannik Zamboni ist heute aus der internationalen Modewelt nicht mehr wegzudenken. Er setzt sich besonders für die Nachhaltigkeit in der Modebranche ein. Seit dem Gewinn der amerikanischen TV-Show «Making the Cut», dem Preisgeld von einer Million Dollar und der Partnerschaft mit Amazon hat sich bei Zamboni viel verändert.

Heute übernimmt er mehr als nur die Rolle des Designers. Er kümmert sich auch ums Technische, um die PR, das Marketing, er hält Schulungen, führt Interviews und ist fürs Personalwesen verantwortlich. Das war früher alles wesentlich simpler, wie der 38-Jährige gegenüber Baseljetzt erklärt: «Kurz bevor ich den Vertrag mit Amazon gekündigt habe, war eigentlich alles im Flow, alles war strukturiert und organisiert, man hätte nur weitermachen müssen.»

Damals sei das Fundament für seine Karriere als Modedesigner gelegt worden. Jetzt müsse er es wieder aufbauen, so Zamboni weiter. «Die nächsten eineinhalb Jahre werden herausfordernd. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir wieder in den Flow kommen, sobald die Finanzierung gesichert ist.» Dann sei es ihm auch möglich, weitere Mitarbeiter:innen einzustellen und sich selbst etwas zu entlasten: «Im Moment arbeite ich rund um die Uhr, da bleibt kaum Zeit für ein Privatleben.»

Yannik Zamboni

Yannik Zamboni wurde in Liestal geboren und wuchs im Oberbaselbiet auf. Seine berufliche Laufbahn begann er mit einer KV-Lehre in einer Versicherung. Den Einstieg in die Modebranche fand er durch seine Tätigkeit als Model. Mit 28 Jahren entschied sich Zamboni, an der Kunsthochschule FHNW Basel Mode zu studieren und den Bachelor of Arts in Mode-Design zu absolvieren, den er während der Corona-Pandemie erfolgreich abschloss. Im Jahr 2022 gewann er durch seine Teilnahme an der Reality-Show «Making the Cut» einen Vertrag mit Amazon sowie eine Million US-Dollar. Heute lebt Zamboni in Zürich.

Der Beginn des Neustarts

Die Trennung von Amazon verlief relativ schnell: «Sie wollten Vertragsänderungen, mit denen ich nicht einverstanden war. Dann haben wir auf Crowdfunding gesetzt, weil die vorherige Kollektion noch Amazon gehörte und wir das Überleben von Maison Blanche sichern mussten», erklärt Zamboni.

Mit dem Crowd Investing hat er sein Minimalziel von 600’000 Franken erreicht. Rückblickend seien es sieben harte Monate gewesen, so Zamboni: «Ich hatte es mir einfacher vorgestellt mit unseren Followern, die unsere Produkte kaufen, und mit der Reichweite von Social Media. Aber es war dann doch ziemlich schwierig.»

Nachhaltige Mode: So will Yannik Zamboni aus Liestal durchstarten
Der Screenshot zeigt, dass «Maison Blanche» 627.000 Franken von 600.000 Franken im Crowdinvesting erreicht hat, jedoch das Ziel von 850.000 Franken nicht. Bild: Baseljetzt

Die Sammelaktion habe ihm auch gezeigt, dass seine Produkte nicht klar und eindeutig seien. «Viele Leute können gar nicht fassen, was wir eigentlich genau machen.»

Zukünftige Erfolge

Trotzdem kam der Mindestbetrag an Geld zusammen. Aber auf Zamboni und sein Team wartet noch viel Arbeit. Grössere Erfolge kann er seit der Trennung von Amazon noch keine verbuchen. Das nächste Ziel sei gesteckt: «In die Departments und Retail Stores zu kommen. Wenn wir das geschafft haben und in ein paar tollen Läden drin sind, erst dann wird gejubelt.»

Nächstes Jahr will der Baselbieter Modeschöpfer mit Maison Blanche an der Fashion Week Europa teilnehmen. Bisher waren seine Kreationen nur in New York auf dem Laufsteg zu sehen. Warum? «Es ist weit weg, viel Aufwand und viel Geld, um für 15 Minuten Show die ganze Kollektion einzufliegen.» Tolle Modenschauen gäbe es auch hier in Europa, und dort sei es auch wichtig, sich zu etablieren, so Zamboni.

Zudem nimmt er jedes Jahr an der Halloween-Party mit Heidi Klum in New York teil. «Am 1. Februar wird unser neues Parfum veröffentlicht, an dem wir bereits lange arbeiten», fügt Zamboni hinzu. Ausserdem gebe es eine bevorstehende Sendung, über die er jedoch noch nichts verraten darf.

Die Gesetzeslage der Nachhaltigkeit

Zirkuläre Mode sei die Vision von nachhaltiger Mode, erzählt Zamboni. Mit seiner neuen Kollektion sei er dem schon sehr nahe gekommen: «Bis auf Metallteile wie Verschlüsse und Schnallen ist alles kompostierbar, wir sind schon fast bei 99 Prozent.»

Um den Kreislauf zu schliessen, müssten auch Organisationen gefunden werden, die das Recycling übernehmen. Auch die Gesetze müssten angepasst werden, sagt Zamboni: «Ab 2026 wird es in der EU ein neues Gesetz geben, ähnlich wie bei den PET-Flaschen: Wer PET produziert, muss für Recycling und Rücknahme bezahlen. Das Gleiche wird bald für Kleidung gelten – die Hersteller müssen dafür zahlen, dass ihre Kleidung recycelt werden kann.»

In der Schweiz werde sich Swiss Textiles damit befassen und wahrscheinlich die gleichen Regeln wie in der EU in die Schweiz bringen, sagt Zamboni: «Bei der Absprache über eine mögliche Gesetzgebung werde ich wahrscheinlich auch dabei sein und meinen Senf dazugeben», fügt Zamboni hinzu.

«Gesetzliche Änderungen sind nötig, sonst kann man die grossen Konzerne mit ihrer Fast Fashion nicht stoppen», sagt der 38-Jährige. Für das Vertreiben von Kleidung aus synthetischen Fasern, «also Wegwerfprodukten», müssten dann Gebühren bezahlt werden. Marken, die nachhaltigere Kleidung anbieten, würden hingegen belohnt und zahlen weniger Gebühren.

«Letztlich bestimmt der Endverbraucher den Markt. Wenn er es nicht verlangt, wird es auch nicht produziert», so der 38-Jährige. «Oft hören wir von Herstellern, dass bestimmte Stoffe gar nicht produziert werden, weil zu wenig Nachfrage besteht – die Konsument bevorzugen meist die billigere Variante.»

Es brauche sowohl gesetzliche Grundlagen als auch ein Umdenken bei den Konsument:innen, meint Zamboni: «Mit einer Gesetzesänderung soll der Endkonsument für Fast Fashion Gebühren zahlen, während diese bei bewusst hergestellter Mode wegfällt, das wäre die Wunschvorstellung.»

Die vier Ebenen der Nachhaltigkeit

«Nachhaltigkeit betrifft nicht nur die Umwelt, das ist nur eine Ebene», erklärt Zamboni, «es gibt auch die soziale und die wirtschaftliche Nachhaltigkeit. Wenn man sich zu Tode arbeitet und nichts dabei herauskommt, ist das auch nicht nachhaltig.»

Er betont auch den ethisch-moralischen Aspekt: «Wie geht es den Menschen, die in den Fabriken arbeiten? Wie werden sie bezahlt?» Nachhaltigkeit müsse all diese Bereiche berücksichtigen, nicht nur den Umweltschutz.

«Viele vergessen, ihre Praktikant:innen zu bezahlen – das ist in der Modebranche leider üblich», sagt Zamboni. Eigentlich müsste es so sein wie in Frankreich, wo Praktikant:innen bezahlt werden müssen.

«Um das in Maison Blanche umzusetzen, haben wir nur wenige Festangestellte, die ein ‘richtiges’ Gehalt bekommen. Die anderen sind Praktikant:innen mit einem geringeren Gehalt», erklärt Zamboni, «so können wir das finanzieren.»

«Das bedeutet auch mehr Arbeit, weil alle sechs Monate neue Leute eingearbeitet werden müssen.» Bis Maison Blanche genügend Einnahmen erzielt, gehe es leider nicht anders, meint Zamboni. Er betont: «Ich stelle erst jemanden ein, wenn ich einen fairen Lohn zahlen kann – das gilt auch für die Praktikant:innen, die ebenfalls einen fairen Lohn bekommen.»

Maison Blanche als Vorbild

Maison Blanche hat vor rund einem Jahr eine Kampagne gegen sexualisierte Gewalt gestartet. Der 38-Jährige will damit auf sexuelle Übergriffe innerhalb und ausserhalb der Modebranche aufmerksam machen. Doch was läuft bei ihm anders?

«Ich glaube, es ist wichtig, einen ehrlichen und direkten Umgang mit den Mitarbeiter zu pflegen, damit man weiss, was in den eigenen vier Wänden passiert», erklärt Zamboni. «Es geht mehr um Kontrolle als um blindes Vertrauen.» Ausserdem stellen wir Leute ein, die nicht nur intellektuell, sondern auch menschlich etwas zu bieten haben.

Doch Zamboni blickt zuversichtlich in die Zukunft: «Wir haben dieses Jahr den Miele x Mode Suisse Award for Positive Impact gewonnen und damit in Kooperation mit Miele ein 100 % biologisch abbaubares T-Shirt kreiert.» Der Verkauf dieser T-Shirts sowie die Auktion des «Looks for Positive Impact» liegt ihm besonders am Herzen, da der gesamte Erlös an den Dachverband der Frauenhäuser Schweiz und Liechtenstein gespendet wird.

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Kommentare

Dein Kommentar

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30.09.2024 12:33

spalen

erfrischender tiefgang im vergleich zu den vielen eher banalen und oberflächlichen player in der modebranche. ich hoffe, dass sein konzept erfolg haben wird

1 0
30.09.2024 10:54

Sensifer

👍🏻👍🏻

1 3

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