Leiter Zentrum für Jüdische Studien: «Wir wollen uns nicht verstecken»
©Foto: Bruno Biermann / Montage: Baseljetzt
25-Jahr-Jubiläum
Basel-Stadt

Leiter Zentrum für Jüdische Studien: «Wir wollen uns nicht verstecken»

09.04.2024 18:32 - update 10.04.2024 08:28
Leonie Fricker

Leonie Fricker

Sie haben klein angefangen, die Jüdischen Studien. Heute ist das Fach an der Universität Basel fest verankert. Am Montag wurde die Feier zum 25-Jahr-Jubiläum nachgeholt. Und das Zentrum hat mehr zu tun denn je.

Eigentlich wollte das Zentrum für Jüdische Studien im November des vergangenen Jahres sein 25-jähriges Bestehen feiern. Dann kam der Angriff der Hamas am 7. Oktober. «Wir und viele Menschen in unserem Umfeld waren erschüttert», erinnert sich Alfred Bodenheimer, Leiter des Zentrums für Jüdische Studien. Die Feier sei damals ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen geplant worden. Wegen Sicherheitsbedenken wurde die Veranstaltung deshalb auf April verschoben.

Gut besuchte Feier

Am Montagabend war es dann endlich soweit. Das Fach lud Interessierte in die Aula des Kollegienhauses der Universität Basel ein. Nach den Grussworten von Alfred Bodenheimer und der Rektorin der Universität, Andrea Schenker-Wicki, betrat der Schweizer Schriftsteller Charles Lewinsky die Bühne. Er hielt einen Vortrag voller Anekdoten aus der Zeit, als sein Stück «Ein ganz normaler Jude» verfilmt wurde. Ein koscherer Apéro riche rundete die gut besuchte Jubiläumsfeier ab.

Leiter Zentrum für Jüdische Studien: «Wir wollen uns nicht verstecken»
Der jüdische Schriftsteller Charles Lewinsky hielt am Montagabend einen Vortrag. Bild: Baseljetzt

Die Veranstaltung wurde von Sicherheitspersonal begleitet. Auf dem Gelände des Kollegienhauses wurden Patrouillen eingesetzt, im Eingangsbereich standen weitere Security-Mitarbeitende und kontrollierten die Taschen. Der Einsatz von Security ist an der Uni Basel seit dem 7. Oktober bei gewissen Anlässen schon fast zur Normalität geworden.

Uni muss ein Safespace sein

Wenn der Dozent Erik Petry seine Vorlesung über die Geschichte Israels hält, steht immer Sicherheitspersonal vor dem Hörsaal. «Solange sich die Studierenden in der Vorlesung nicht sicher fühlen und die Uni nicht als Safespace empfinden, finde ich es richtig, dass die Security weiterhin vor Ort ist», sagt Petry gegenüber Baseljetzt. Sollten die nächsten seiner Vorlesungen ruhig verlaufen, könne man in Zukunft allenfalls darauf verzichten. «Aber das Sicherheitsgefühl der Studierenden ist für mich hier entscheidend.»

Security vor dem Hörsaal ist aber nicht das einzige, was sich seit dem 7. Oktober für das Fach verändert hat. Das Zentrum für Jüdische Studien muss deutlich mehr Öffentlichkeitsarbeit leisten als zuvor. «Wir nehmen seither unseren Öffentlichkeitsauftrag nicht nur ernst, sondern auch massiv wahr», sagt Erik Petry.

Höhere Belastung für Mitarbeitende

Petry hat die Anfänge des Zentrums miterlebt und ist heute stellvertretender Direktor. Bei der Gründung waren die Räumlichkeiten der Jüdischen Studien bescheiden, bestanden lediglich aus einem Raum mit einem Telefon und einer Tischlampe. «Wir hatten damals keinen Computer und mussten für E-Mails alle drei Tage in die UB gehen», erinnert sich Petry. Gemeinsam mit Alfred Bodenheimer hat er die Entwicklung des Fachs und dessen Schwerpunkte massgeblich mitgeprägt.

Doch seit dem 7. Oktober hat sich die Arbeitsbelastung aller Mitarbeitenden am Zentrum massiv vergrössert. Seitdem jage eine Anfrage die andere, von Medienschaffenden, Schulen oder Gemeinden, die Workshops oder Vorträge veranstalten wollen. «Salopp gesagt: Aus unseren 100-Prozent-Jobs sind 200-Prozent-Jobs geworden», so Petry.

«Müssen zeigen, dass wir da sind»

Inmitten dieses Alltagsstresses haben es die Mitarbeitenden dennoch geschafft, die Jubiläumsfeier erfolgreich auf die Beine zu stellen. Das sei auch dringend nötig gewesen, sagt Zentrumsleiter Alfred Bodenheimer. «Auch wenn die Situation nach wie vor nicht rosig ist, müssen wir zeigen, dass wir da sind. Wir wollen uns nicht verstecken und haben auch keinen Grund dazu.» Die Veranstaltung sei zudem nie als Jubelfeier gedacht gewesen, so Bodenheimer weiter, «sondern um zu zeigen, dass das Fach existiert und gebraucht wird».

Für die Zukunft des Zentrums wünscht sich dessen Leiter, dass es ein Ort der Verbindung nach aussen bleibt. Für alle Themen rund um die jüdischen Studien, für Fragen zum Antisemitismus oder zum jüdischen Leben weltweit. «Das ist aktuell und wird wohl noch aktueller werden», so Bodenheimer. Man wolle die Anlaufstelle für solche Fragen bleiben und die Forschung am Zentrum weiterführen und ausbauen. «Dann haben wir hier einen guten Job gemacht.»

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