Messerstecherei in der Steinen: Mann erhält 3 Jahre Freiheitsstrafe und Landesverweis
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Strafgericht
Basel-Stadt

Messerstecherei in der Steinen: Mann erhält 3 Jahre Freiheitsstrafe und Landesverweis

19.09.2024 13:11 - update 19.09.2024 18:05
David Frische

David Frische

Im Prozess um eine Messerstecherei in der Steinenvorstadt hat das Basler Strafgericht am Donnerstag sein Urteil verkündet. Der Beschuldigte erhält eine mehrjährige Freiheitsstrafe und wird des Landes verwiesen.

Ein kalter Samstagabend im Dezember 2023. Zwei Personengruppen treffen im Soho-Club in der Steinenvorstadt aufeinander. In der einen Gruppe der Angeklagte, in der anderen der Geschädigte. Die Begegnung begann mit Small-Talk auf der Tanzfläche und endete kurze Zeit später mit vier Messerstichen in der Steinen vor dem Club.

Seit dem Abend des 2. Dezember 2023 sitzt der mutmassliche Täter in Haft. Seit Montag wurde dem 23-jährigen Türken am Strafgericht der Prozess gemacht. Die Anklage: versuchte vorsätzliche Tötung, dazu noch die illegale Einreise und der illegale Aufenthalt in der Schweiz. Die Details zur bisherigen Verhandlung am Basler Strafgericht kannst du hier nachlesen:

Neun Monate Gefängnis

Am Donnerstag hat das Strafgericht sein Urteil verkündet. Der junge Mann wird der versuchten vorsätzlichen Tötung schuldig gesprochen. Auch für seinen illegalen Aufenthalt in der Schweiz kassiert er einen Schuldspruch. Die Fünferkammer des Strafgerichts verurteilt ihn zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, davon die Hälfte bedingt. Da der Beschuldigte bis zum Prozess schon gut neun Monate Freiheitsstrafe abgesessen hatte, muss er somit noch rund neun Monate ins Gefängnis. Danach wird er für fünf Jahre aus der Schweiz verwiesen.

Dem Opfer der vier Messerstiche muss der Mann rund 350 Franken Schadenersatz sowie eine Genugtuung von rund 4000 Franken bezahlen.

Die Staatsanwaltschaft hatte Schuldsprüche in allen Anklagepunkten beantragt und eine Freiheitsstrafe von 6,5 Jahren sowie einen Landesverweis von zehn Jahren gefordert. Der Geschädigte forderte als Privatkläger einen Schadenersatz von 1400 Franken und eine Genugtuung von 25’000 Franken. Die Verteidigung sah beim Angeklagten keine Schuld und beantragte einen vollumfänglichen Freispruch. Mehr zu den Plädoyers und den Forderungen der Parteien liest du hier:

Er hätte sich anders wehren können

Die fünf Richter:innen um Gerichtspräsident Dominik Kiener mussten beurteilen, aus welcher Situation heraus der Beschuldigte viermal auf den anderen Mann eingestochen hatte. War es Notwehr, oder handelte er bewusst und aus Eifersucht? Das Gericht kam zum Schluss, dass der Mann in einem Notwehrexzess gehandelt habe. Heisst, der Beschuldigte befand sich in einer Notlage, da er von seinem Kontrahenten tätlich angegangen wurde.

Allerdings hätte er sich anders wehren können. «Sie wendeten ein Mittel an, das völlig über das Ziel hinausschoss», so Gerichtspräsident Kiener. Denn in Lebensgefahr habe sich der Beschuldigte nicht befunden, als er zustach. Sein Kontrahent ging ihn zwar körperlich an, verhielt sich aber nicht brutal oder lebensgefährdend, wie Gerichtspräsident Kiener erklärt. Sein Verhalten sei nicht zu entschuldigen, deshalb könne das Gericht den Angeklagten auch nicht freisprechen.

Rüge an Staatsanwaltschaft: Mit Klischees gearbeitet

Die Richter:innen halten aber fest, dass der Beschuldigte nicht der Aggressor war. Das Opfer habe den Streit provoziert und den Mann tätlich angegangen. «Wir anerkennen, dass Sie in einer Stresssituation waren, dass Sie zur ganzen Geschichte nichts beigetragen haben. Sie waren körperlich deutlich unterlegen. Deshalb können wir die Strafe massiv mildern. Und das haben wir auch gemacht», so Kiener zum Beschuldigten, der das Urteil ruhig zur Kenntnis nahm.

Das Gericht rügte zudem die Staatsanwaltschaft: Diese habe bei ihren Ermittlungen mit Klischees gearbeitet. Anders als von der Staatsanwaltschaft behauptet, handle es sich beim Beschuldigten nicht um den «eifersüchtigen Türken», so das Gericht, sondern um einen «ruhigen, fast schüchternen Typen», der den Abend mit seinen Freunden im Soho-Club verbracht und sich dort durchaus amüsiert habe.

Nicht in der Schweiz angemeldet

Der 23-Jährige war nebst des Messerdelikts auch der rechtswidrigen Einreise und des rechtswidrigen Aufenthalts in der Schweiz angeklagt. Vom ersten Vorwurf sprach ihn das Gericht frei. Der Beschuldigte besass ein gültiges Visum für den Schengenraum, somit konnte er auch in die Schweiz einreisen. Allerdings hielt er sich hier bewusst länger auf als erlaubt, weswegen er sich wegen illegalen Aufenthalts verantworten muss.

Gegen das Urteil können alle Parteien innert zehn Tagen in Berufung gehen, es ist somit noch nicht rechtskräftig.

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