Nun äussert sich auch Amnesty International zur Demo am 8. März
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Frauendemo
Basel-Stadt

Nun äussert sich auch Amnesty International zur Demo am 8. März

17.03.2023 10:00

Riccardo Ferraro

Die Auflösung der Frauendemo hallt immer noch nach. Politiker äusserten sich, Parteien forderten Rücktritte und nun mischt auch Amnesty international mit. Sie argumentieren mit dem Völkerrecht.

«Amnesty International ist beunruhigt über die gewalttätige Auflösung einer friedlichen Demonstration am internationalen Frauentag in Basel und den Einsatz von Gummigeschossen durch die Polizei.» Mit diesem Satz beginnt die Medienmitteilung, die heute Freitag von Amnesty veröffentlicht wurde. Sie beinhaltet zudem 25 Regeln für den Einsatz von Gummischrot-Waffen und fordert die Schweizer Behörden auf, friedliche Demonstrationen nicht länger mit der Begründung aufzulösen, dass sie nicht genehmigt wurden.

Amnesty sei sehr besorgt über die Haltung der Polizei gegenüber unbewilligten Demonstrationen. Gemäss Völkerrecht sollten Versammlungen keiner Bewilligung bedürfen, da es sich um die Ausübung eines Grundrechts handelt, schreibt die Menschenrechtsorganisation weiter. Darüber hinaus rechtfertige das Fehlen einer Bewilligung nicht die Auflösung einer friedlichen Demonstration und entbinde die Behörden nicht von der Pflicht, Demonstrationen zu ermöglichen und die Teilnehmer:innen zu schützen.

«Wird Einkesselung wahllos oder als Strafe eingesetzt, verletzt sie die Versammlungsfreiheit»

«Einkesselungstaktiken, bei denen die Polizei einen Teil der Teilnehmer:innen umzingelt und abriegelt, dürfen nur gegen jene Demonstrant:innen eingesetzt werden, von denen tatsächliche Gewalt oder eine unmittelbare Bedrohung ausgehen. Wird Einkesselung wahllos oder als Strafe eingesetzt, verletzt sie die Versammlungsfreiheit und kann auch andere Rechte wie das Recht auf Schutz vor willkürlicher Freiheitsentziehung und das Recht auf Bewegungsfreiheit verletzen», sagte Alicia Giraudel, Juristin und Expertin für Polizei und Menschenrechte bei Amnesty Schweiz.

Auf Videoaufnahmen der Demonstration in Basel sei zu erkennen, wie Polizeikräfte auf die Demonstrant:innen zu rennen, ihnen ein Transparent aus den Händen reissen und aus wenigen Metern in die Menge schiessen. Eine Demonstrantin erzählte Amnesty International, dass Polizeikräfte losschossen, als die Gruppe sich im Zuge der Einkesselung friedlich auf Teile der Polizei zubewegte. Die Demonstrantin selbst zog sich nach eigenen Angaben Hämatome zu, andere hätten grosse Beulen davongetragen. Sie wurde auch Zeugin, wie mindestens eine Person von einer Gummipatrone am Kopf getroffen wurde.

Die Gefahr durch Mehrfachgeschosse

«Mehrfachgeschosse – wie sie die Basler Polizei und auch andere Polizeikorps in der Schweiz verwenden − sind per se unpräzise: Es ist unmöglich vorherzusagen, wie weit sie sich ausbreiten werden. Sie können auch andere Personen in der Nähe treffen und bergen ein besonders grosses Risiko, Augen und Gesichtsverletzungen zu verursachen. Da Verletzungen nicht ausgeschlossen werden können, sollten solche Mehrfachgeschosse grundsätzlich verboten werden. Dasselbe gilt für den Einsatz von Wuchtgeschossen, die willkürlich auf die Menge gerichtet werden oder auf den Boden, so dass das Projektil vom Boden abprallt», sagte Alicia Giraudel.

«Allgemein dürfen Gummigeschosse nie wahllos in eine Menschenmenge geschossen oder gegen Personen eingesetzt werden, die keine Gewalt ausüben. Die Waffe sollte nie auf den Oberkörper gerichtet werden, um schwerere Verletzungen, insbesondere an Kopf, Gesicht oder Augen, zu vermeiden. Beim Abfeuern von Gummigeschossen aus zu geringer Entfernung besteht die Gefahr des Eindringens in die Haut oder eines Aufpralls, der Verletzungen wie innere Blutungen oder Knochenbrüche verursacht.»

Unabhängige Untersuchung gefordert

Amnesty International fordert eine unabhängige und wirksame Untersuchung der Vorfälle in Basel am 8. März sowie ein vollständiges Verbot des Einsatzes von Mehrfachgeschossen. Die Organisation erinnert die Polizei an Ihre Verpflichtung, das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu achten und auch unbewilligte friedliche Demonstrationen zu schützen. Das Bewilligungserfordernis widerspreche dem Völkerrecht. Die Polizei dürfe friedliche Demonstrationen nicht aufgrund fehlender Bewilligung auflösen oder die Demonstrierenden zum Zweck der Identitätskontrolle einkesseln.

25 Regeln für den Einsatz von Gummigeschossen

Als Reaktion auf die zunehmende Zahl friedlicher Demonstrant:innen, die weltweit durch den missbräuchlichen Einsatz von Gummigeschossen und anderen Projektilen dauerhaft verletzt oder getötet werden, veröffentlicht Amnesty International 25 Regeln, um Menschenrechtsverletzungen durch den unsachgemässen Einsatz dieser Waffen zu verhindern. Die 25 Regeln beruhen auf den UNO-Grundprinzipien für den Einsatz von Gewalt und Schusswaffen durch Polizeikräfte und sollen Regierungen und Polizeibehörden dabei helfen, menschenrechtskonforme Gesetze, Richtlinien und Strategien für den Einsatz von Gummi- und Plastikgeschossen zu entwickeln.

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Kommentare

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18.03.2023 19:20

lixi

Also mal grundsätzlich, wenn ich für eine Demo erst eine Bewilligung einholen muss, ist es keine Demo mehr. Punkt und aus!

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17.03.2023 14:59

Angel

Ich verstehe das ganze Theater überhaupt nicht.
Was nicht erlaubt ist, ist nicht erlaubt !
Alle wissen es und anstatt die Konsequenzen zu ziehen,
haben die Demonstranten etc. die absolute Frechheit noch Forderungen zu stellen.
Also, wenn man was nicht erlaubtes macht, sollte man doch den Mund halten.
Den Rücktritt vom Polizeichef dann noch fordern.
Einfach ziemlich feige dieses Auftreten.

Ich hoffe sehr, dass endlich da mal hart durchgegriffen wird.

Wie lange noch sollen wir solche “Chaoten” in Basel
und in der Schweiz noch tolerieren !

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