Petition ohne Wirkung: Regierung «präzisiert» Absenzenpraxis an Gymnasien
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Bildung
Basel-Stadt

Petition ohne Wirkung: Regierung «präzisiert» Absenzenpraxis an Gymnasien

05.11.2025 06:11 - update 05.11.2025 09:15
Jennifer Weber

Jennifer Weber

Trotz über 1’000 Unterschriften von Schüler:innen hält der Basler Regierungsrat an der geplanten 80-Prozent-Anwesenheitspflicht für Maturand:innen fest. Kritiker:innen warnen vor zusätzlichem «Stress und Druck».

Das Wichtigste in Kürze:

  • Basler Schüler:innen sollen künftig nur zur Matura zugelassen werden, wenn sie 80 Prozent des Unterrichts besucht haben
  • Eine Petition mit über 1’100 Unterschriften – vor allem von Gymnasiast:innen – fordert die Rücknahme der Regelung
  • Der Regierungsrat hält dennoch daran fest. Das Erziehungsdepartement spricht von einer «juristischen Präzisierung», nicht von einer «Verschärfung»

Damit Basler Schüler:innen künftig zur Maturaprüfung zugelassen werden, müssen sie mindestens 80 Prozent des Unterrichts besucht haben. Diese Änderung der Absenzenregelung plant das Basler Erziehungsdepartement (ED).

Dagegen formte sich Widerstand. Im Mai wurde eine Petition mit über 1’100 Unterschriften von der Freien Arbeiter:innen Jugend (FAJ) Basel eingereicht. Etwa 1’000 der Unterschriften seien von Gymnasiast:innen selbst gewesen – aber auch Lehrpersonen, Eltern und ehemalige Schüler:innen unterstützen die Petition gegen die geplante Änderung der Absenzenpraxis an Gymnasien. Baseljetzt berichtete:

Die bisherige Regelung besagt, dass Gymnasiast:innen «regelmässig» den Unterricht besuchen müssen. Die Änderung ignoriere laut Petition die vielfältigen Gründe für häufige Absenzen – seien es psychische Erkrankungen, familiäre Probleme oder Überlastung durch schulische Anforderungen.

Regierungsrat hält an Regelung fest

Am 14. Oktober antwortete der Basler Regierungsrat auf die eingereichte Petition. Er will weiterhin an der neuen Regelung festhalten. Im vergangenen halben Jahr sei am ED ein Konzept erarbeitet worden, «das die Zusammenarbeit der Lehr- und Fachpersonen bei der Prävention und Früherkennung von Absentismus klärt». Die Schüler:innen sollen dabei so früh wie möglich unterstützt werden. «Absentismus stellt ein Risiko für den Schulerfolg dar und ist oft ein Symptom eines tieferliegenden Problems. Je früher die Gründe von Absentismus erkannt und Unterstützung angeboten wird, desto besser sind die Prognosen für die betroffenen Schülerinnen und Schüler», so der Regierungsrat.

Der Regierungsrat hält weiter fest: Wer eine kantonale gymnasiale Maturität absolviert, verpflichte sich zu Präsenzunterricht. «Im Präsenzunterricht werden wichtige Kompetenzen eingeübt, dazu zählen u.a. Kommunikation und Kollaboration.»

Zudem soll weiterhin möglich sein, «dass in speziellen Situationen Ausnahmen gemacht werden können». Die Schulleitung habe nach wie vor die Möglichkeit, «im Einzelfall eine Schülerin oder einen Schüler auch dann zur Matura zuzulassen, wenn sie oder er die 80 Prozent Anwesenheit nicht erreicht». Ausserdem heisst es im Schreiben, dass es sich «nicht um eine Verschärfung der Absenzregelung» handle.

«Enttäuscht, aber nicht überrascht»

In einer Medienmitteilung vom Montagabend kritisiert die FAJ Basel, dass die Regierung an der «Absenzenverschärfung» festhält. Obwohl «mehr als ein Drittel aller Gymnasiast:innen im Kanton Basel-Stadt» die Petition unterschrieben haben. In der Praxis bedeute diese Änderung «mehr Stress, Druck und noch weniger Verständnis für alle Schüler:innen». Denn laut der FAJ Basel verlange diese Regelung einen hohen Preis: «Schüler:innen kommen krank in den Unterricht oder trotz psychischer Probleme, um die 80-Prozent-Präsenzpflicht zu erfüllen.» Auch die vom Regierungsrat angekündigten Ausnahmen seien «vage und undefiniert».

«Dass der Regierungsrat den Protest von über 1000 Schüler:innen ignoriert, zeigt, wie wenig Mitbestimmung Jugendliche im Schulsystem haben», schreibt die FAJ Basel. «Wir sind enttäuscht, aber nicht überrascht.» Die FAJ Basel kritisiert weiter, dass das vom Erziehungsdepartement ausgearbeitete Konzept zur Prävention und Früherkennung von Absentismus noch niemand gesehen habe.

Konzept wird intern kommuniziert

Sind Absenzen ein grosses Problem an Basler Gymnasien? «Wir beobachten eine leichte Zunahme, es handelt sich aber nach wie vor um Einzelfälle», sagt das Erziehungsdepartement auf Anfrage von Baseljetzt. Es werden zentral jedoch keine Zahlen dazu erhoben.

Zum ausgearbeiteten Konzept gab das ED keine genaueren Details bekannt, als die bereits vom Regierungsrat Mitte Oktober kommunizierten Angaben. «Das Papier ist eine Handreichung für Lehr- und Fachpersonen zum Umgang mit Absentismus», so das ED. Das Konzept werde intern noch kommuniziert werden.

Die FAJ Basel befürchtet, dass gerade auch Jugendliche mit psychischen Erkrankungen oder familiären Problemen unter der Anpassung der Regelung leiden würden. Wie wird sichergestellt, dass diese Personen nicht benachteiligt werden? «Es gibt viele verschiedene Unterstützungsangebote wie den Schulpsychologischen Dienst, die Schulsozialarbeit (an der Volksschule) sowie vielfältige Gesundheits- und Präventionsprogramme», heisst von Seiten des ED.

«Juristische Präzisierung»

Das Erziehungsdepartement hält ausserdem fest: «Für den Erwerb der kantonalen gymnasialen Maturität muss der Unterricht bereits jetzt regelmässig besucht werden. Zudem müssen alle Absenzen während der Schulzeit begründet werden.» Diese Regelung gelte bisher schon und werde auch weiterhin gültig sein.

«Es handelt sich bei der neuen 80-Prozent-Regelung nicht um eine Verschärfung der Absenzregelung, sondern um eine juristische Präzisierung.» In der Maturitätsprüfungsverordnung (MPV) soll nun eine Unterrichtsbesuchspflicht von 80 Prozent in den letzten beiden Jahren vor der gymnasialen Maturität festgehalten werden.

Einblick in Konzept gefordert

Die FAJ Basel gibt nicht auf. Sie fordere nun Einblick in das Konzept und suche aktiv das Gespräch. Sie werde «genau hinschauen, ob dieses Konzept tatsächlich im Interesse der Schüler:innen ist», so die FAJ.

Im Dezember 2025 wird der Regierungsrat über die Verordnungsänderung entscheiden.

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05.11.2025 07:50

Hampe56

Gut so- unsere Jugend muss nicht ständig in Watte gepackt werden.

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