Schwiegertochter in Pratteln getötet: 60-Jähriger steht vor Strafgericht
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Ehrenmord
Baselland

Schwiegertochter in Pratteln getötet: 60-Jähriger steht vor Strafgericht

10.12.2024 18:34 - update 11.12.2024 08:44

Baseljetzt

Am Vormittag des 20. Juni 2020 suchte Adelina* Unterstützung bei ihrem Schwiegervater. Wenig später wurde die 24-Jährige tot aufgefunden. Der 60-jährige Mann steht nun vor dem Baselbieter Strafgericht – angeklagt wegen Mordes.

Bereits am Abend zuvor habe ihr Ehemann sie vor den Augen ihres gemeinsamen Sohnes (3) geschlagen. Ihre arrangierte Ehe, die im Rahmen einer Doppelhochzeit in Kosovo im Jahr 2015 geschlossen wurde, sei von Beginn weg von Konflikten geprägt gewesen. Nach der Hochzeit zog das Paar zu den Schwiegereltern nach Pratteln. Im Oktober 2016 kam der gemeinsame Sohn zur Welt. Laut Anklageschrift der Baselbieter Staatsanwaltschaft sei die Ehe «durch Schwierigkeiten geprägt» gewesen, wie die «Basler Zeitung» Anfang Dezember berichtete.

Am Morgen ihres Todes habe Adelina (24) ihren Schwiegervater um Rat aufgesucht. Dieser habe ihren Tod laut Anklage bereits geplant. Kurz vor der Tötung Adelinas habe er noch seine Ehefrau und den Enkel aus der Wohnung geschickt. Als Adelina ihm Vorwürfe gemacht und angekündigt habe, zur Polizei zu gehen, sei die Situation eskaliert. Der Schwiegervater habe die Tür abgeschlossen, sich mit einem Küchenmesser bewaffnet und Adelina in einer minutenlangen Attacke getötet.

Mit dem Messer in der Hand habe der Schwiegervater auf die Polizei gewartet, die kurz nach der Tat eintraf. Er habe daraufhin den Mord «ruhig und abgeklärt» gestanden, wie es bei der BaZ heisst.

Die Tat war besonders grausam: Adelina habe zahlreiche Schnittverletzungen erlitten. Ihre Hilferufe seien von Nachbarn gehört worden. Diese hätten auch die Polizei alarmiert. Adelina sei schliesslich an einer Luftembolie durch Verletzungen am Hals gestorben.

«Besondere Skrupellosigkeit» und «niederträchtige Beweggründe»

Die Staatsanwaltschaft stuft die Tat gemäss BaZ als Mord ein und spricht von «besonderer Skrupellosigkeit» und «niederträchtigen Beweggründen». Der Beschuldigte habe Adelina töten wollen, um eine Anzeige wegen häuslicher Gewalt gegen seinen Sohn und einen möglichen Verlust des Sorgerechts für den Enkel zu verhindern. Die Tat weist laut Anklage Merkmale eines Ehrenmordes auf, da sie als «Strafe» für eine vermeintliche Verletzung von Familien-Normen erfolgt sei.

Bereits Monate vor der Tat sei der familiäre Konflikt eskaliert: Adelina und ihr Mann hätten über eine Trennung nachgedacht, was die Familie des Mannes offenbar nicht habe akzeptieren wollen. Es seien Pläne geschmiedet worden, Adelina als schlechte Mutter und psychisch instabil darzustellen, um ihr bei einer Trennung das Sorgerecht für ihren Sohn zu entziehen. Der Schwiegervater habe laut Anklage als Familienoberhaupt eine zentrale Rolle in diesen Intrigen gespielt.

Die Anklage schildert zudem, dass der Schwiegervater Informationen zu rechtlichen Konsequenzen bei einem möglichen Tod von Adelina recherchiert habe, wie es in der BaZ heisst. Nur wenige Wochen vor der Tat habe er online nach Antworten auf die Frage gesucht, ob das Sorgerecht in der Schweiz automatisch an den Vater geht, wenn die Mutter stirbt.

Der Fall wird ab Mittwoch am Baselbieter Strafgericht verhandelt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

*Name geändert

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