«So sieht Kooperation nicht aus»: Baselbieter Politiker nehmen Stadt in die Pflicht
©Bildmontage: baseljetzt
Spitalpolitik
Basel-Stadt

«So sieht Kooperation nicht aus»: Baselbieter Politiker nehmen Stadt in die Pflicht

09.07.2025 18:22
David Frische

David Frische

Der Kauf des Claraspitals durchs Unispital verhärtet die Fronten zwischen den beiden Basel zusätzlich. Baselbieter Politiker fühlen sich vom Stadtkanton vor den Kopf gestossen. Und einmal mehr stellt sich die Frage: Wie weiter in der Gesundheitspolitik?

Mitten in den Sommerferien kommt der Spital-Knall: Das Basler Unispital übernimmt das Claraspital und wird so zu einem der mächtigen Player im Schweizer Gesundheitsmarkt. Medien und Öffentlichkeit staunten nicht schlecht, als die Mitteilung der Übernahme am Dienstagmorgen reinflatterte.

«Aus Sicht des Baselbiets nicht gut»

Auch im Baselbiet reagierte man überrascht – einmal mehr, wenn es um die Spitalpolitik bei den städtischen Nachbarn geht. «Aus Sicht des Baselbiets finde ich die Übernahme nicht gut», sagt Grünen-Landrat und Gesundheitspolitiker Marco Agostini am Mittwoch auf Anfrage.»Und zwar nicht, weil der Kauf stattgefunden hat. Sondern weil wir nichts davon wussten.»

Genau so sei es abgelaufen, als Basel-Stadt den Bau des Klinikums 2 und 3 – Klinikum 3 ist durch den Claraspital-Deal inzwischen vom Tisch – kommuniziert hatte. «Da wurden wir im Baselbiet auch vor vollendete Tatsachen gestellt», wettert Agostini. «So sieht eine Kooperation nicht aus.»

«So sieht Kooperation nicht aus»: Baselbieter Politiker nehmen Stadt in die Pflicht
Marco Agostini kritisiert die baselstädtische Kommunikation scharf. Bild: Grüne BL

Forderung nach schnellen Verhandlungen

Ins selbe Horn bläst FDP-Landrat Sven Inäbnit, wie Agostini ebenfalls Mitglied der Baselbieter Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission. Es sei «bedauernswert», dass die beiden Basel bezüglich der regionalen Spitalplanung und der Kapazitäten in den Spitälern nicht miteinander sprechen. «Jetzt wurde auf städtischer Seite einmal mehr symptomatisch gehandelt», kritisiert Inäbnit die plötzliche Bekanntgabe des Claraspital-Kaufs durchs Unispital.

«So sieht Kooperation nicht aus»: Baselbieter Politiker nehmen Stadt in die Pflicht
Fordert mehr Gespräche zwischen den beiden Basel: FDP-Gesundheitspolitiker Sven Inäbnit. Bild: zVg

Agostini und Inäbnit nehmen die beiden Kantonsregierungen in die Pflicht. Es müssten nun schleunigst ernsthafte und konstruktive Gespräche zwischen Stadt und Land stattfinden, wie Spitalpolitik in Zukunft aussehen soll – und ob sie gemeinsam erfolgen soll. Das gelte insbesondere auch für die Patientenfreizügigkeit, also dass Baselbieter Patient:innen frei wählen können, ob sie sich im Kantonsspital Baselland oder im Basler Unispital behandeln lassen.

Gesundheitsökonom: «Dort behandeln, wo Versorgung herrscht»

Der Berner Gesundheitsökonom Heinz Locher ist der Meinung, dass gerade diese Patientenfreizügigkeit zwischen den beiden Basel jetzt vertieft werden soll. Locher gilt als versierter Kenner des Schweizer Gesundheitswesens. Dass das Unispital das Claraspital übernimmt, sei für alle Seiten eine «Win-win-Situation». «Man kann vorhandene Spitalinfrastruktur nutzen, anstatt neue zu bauen», so Locher.

Die Kantonsfrage sei hier «völlig irrelevant». «Die Bevölkerung soll sich dort behandeln lassen, wo die Versorgung herrscht.» Es gelte nun für die beiden Basel, Lösungen zu finden, so Locher. Beispielsweise bei der Baserate, also dem Tarif, der spezifisch für ein Spital für eine Behandlung berechnet wird. «Es gibt keine Gründe dafür, dass man die Baserate im Unispital höher ansetzt als in einem Kantons- oder in einem Privatspital», so Locher.

Agostini und Inäbnit kritisieren Patientenfreizügigkeit

Ebendiese Baserate steht auch für Inäbnit zur Diskussion: «Es kann nicht sein, dass unsere Patient:innen im Baselbiet für einen Blinddarm-Eingriff weniger zahlen als im Basler Unispital verrechnet wird.» Der FDP-Landrat sieht durch den Claraspital-Deal die Gefahr, dass für Baselland «noch mehr Kosten entstehen». «Wir müssen überlegen, wie wir mit der Patientenfreizügigkeit umgehen wollen.» Die Baserate fürs Unispital zu senken, reicht aus seiner Sicht nicht.

Auch für Grünen-Gesundheitspolitiker Agostini ist es damit nicht getan. Die beiden Basel müssten die Zusammenarbeit als Ganzes neu aushandeln. «Es geht darum, dass man in einer Region mit 15 bis 18 Spitälern die Kosten reduziert. Und zwar für die Allgemeinheit, nicht für ein Spital oder einen Kanton.»

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Dein Kommentar

Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise

09.07.2025 19:52

Tarantinoo

Jo genau das richtige Verhalten

1 0
09.07.2025 18:09

Lupege

Der Berner Gesundheitsökonom Heinz Locher sagt zu recht, dass die Kantonsfrage hier «völlig irrelevant» ist. Und es gibt nun mal Geschäfte, die man nicht vorher gross rumposaunen und mit der ganzen Welt diskutieren und abstimmen kann. Sonst läuft man Gefahr, dass nichts draus wird. Und bezüglich Zusammenarbeit muss sich das Baselbiet wirklich selber an der Nase nehmen…

8 2

Kommentare lesen?

Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.