Verhängnisvolle Geburt am Bethesda-Spital – was sagt das Obergutachten aus?
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Strafgericht
Basel-Stadt

Verhängnisvolle Geburt am Bethesda-Spital – was sagt das Obergutachten aus?

01.02.2024 12:08 - update 01.02.2024 15:19
Lea Meister

Lea Meister

Vor zehn Jahren verstarb eine Frau bei der Geburt ihres Kindes im Bethesda-Spital. Das Kind erlitt bleibende Gehirnschäden. Das Ärzteteam steht seit Oktober vor Gericht. Am Donnerstag wird das Obergutachten besprochen.

Es ist das verflixte Schaltjahr, welches diesem Gerichtsfall im Wege steht. Denn der Tatbestand der fahrlässigen Tötung verjährt nach zehn Jahren. Im vorliegenden Fall also am 1. März 2024. Das Plädoyer des Staatsanwalts wäre ursprünglich für den 3. November des vergangenen Jahres vorgesehen gewesen – jetzt findet es Anfang Februar Platz. Aber beginnen wir von vorne…

Vor knapp zehn Jahren verstarb eine Mutter bei der Geburt ihres siebten Kindes im Bethesda-Spital. Das Neugeborene erlitt ausserdem schwerwiegende bleibende Schäden. Seit Ende Oktober 2023 müssen sich der Geburtshelfer, der Anästhesist und die Hebamme, die am besagten 1. März 2014 im Einsatz standen, vor Gericht verantworten. Den Fall im Detail und die bisherigen Vorkommnisse kannst du hier nachlesen:

Noch ein viertes Gutachten

Insgesamt drei medizinische Gutachten wurden erstellt, damit die komplexen Sachverhalte und Zusammenhänge von Experten eingeordnet und bewertet werden konnten. Das Problem: Zwei der drei medizinischen Gutachten waren zu unterschiedlich. Auch das Dreiergericht rund um Gerichtspräsident Roland Strauss sah sich im Spätherbst 2023 nicht befähigt, die noch vorliegenden Fachfragen abschliessend beantworten zu können.

Im Zentrum steht dabei die Frage, wie die Reanimation des neugeborenen Kindes damals genau abgelaufen ist, beziehungsweise, wie diese exakt hätte ablaufen müssen. Nach langen Diskussionen wurde im November ein sogenanntes Obergutachten in Auftrag gegeben. Dieses steht am Donnerstag im Zentrum der Aufmerksamkeit und klärte, ob der Einsatz eines Elektrokardiogramms (EKG) und einer Pulsoxymetrie angemessen gewesen wäre, um die Herzfrequenz und die Sauerstoffversorgung des Säuglings zu überprüfen.

Was sagt das Obergutachten aus?

Der Experte sagte vor Gericht, der EKG-Einsatz wäre technisch anspruchsvoll, aber möglich gewesen. Er kam zu einem anderen Schluss als der eine beschuldigte Arzt: Mit drei Personen wäre es möglich gewesen, dem Säugling die Elektroden anzuheften, ohne die Wiederbelebung zu unterbrechen. Eine andere Feststellung entlastet aber den Arzt: Eine Pulsoxymetrie müsse zwar heute vorhanden sein, zum damaligen Zeitpunkt sei dies aber noch nicht Standard gewesen, sagte der Experte.

Der Gerichtspräsident wollte bei der Weiterführung des Beweisverfahrens von den Beschuldigten wissen, wie die Aufgabenteilung, wer sich um die Mutter und wer sich um das Kind kümmert, vorgenommen wurde und ob alle Leute im Team über die Situation informiert wurden. Wie schon beim Auftakt zur Verhandlung im Oktober 2023, schoben auch bei der Wiederaufnahme des Prozesses die beiden beschuldigten Ärzte, ein Gynäkologe und ein Anästhesist, sich gegenseitig die Verantwortung zu.

Ärzte widersprechen sich gegenseitig

Der Gynäkologe war wie bereits im Herbst sichtlich genervt, sich als Fachmann Fragen von Nicht-Medizinern zum genauen Ablauf im Gebärsaal stellen zu müssen. Er sagte, sein Kollege habe nach dem Eintreffen der Neonatologie-Equipe für das Kind genug Zeit gehabt, sich anschliessend um die Mutter zu kümmern. Der Anästhesist widersprach, er habe keine Veranlassung gehabt, sich um die Mutter zu kümmern. Seine Aufgabe sei die Reanimation des Kindes gewesen und der Geburtshelfer habe ihm nichts zum Zustand der Mutter kommuniziert.

Das Gericht hat nun diese und andere Fragen mit all ihren medizinischen Details zu beurteilen. Die Hauptverhandlung ist noch auf zwei weitere Tage angesetzt. Das Urteil wird voraussichtlich am 29. Februar verkündet. Dies ist just ein Tag vor der möglichen Verjährung des Falls, der sich aufgrund des Obergutachtens erneut in die Länge zog. Für alle drei Personen gilt die Unschuldsvermutung. (mei/sda)

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Kommentare

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02.02.2024 10:47

User

Die ganze man hätte uns tun müssen bringt nichts es ist ein Tragischer Fall wo nicht hätte passieren dürfen.Nur es bringt die Mutter und Kind nicht mehr zurück.Ich hoffe nur dass es ein gerechtes Uteil gibt

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