Wahlkreis, Erfolg, Parteistärke: So sitzt der Grosse Rat
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Sitzordnung
Basel-Stadt

Wahlkreis, Erfolg, Parteistärke: So sitzt der Grosse Rat

10.01.2024 18:34 - update 10.01.2024 18:36
Ismael Rohwedder

Ismael Rohwedder

Die Sitzordnung im Grossen Rat ist anders als in den meisten Parlamenten. Der Sitzplan folgt einer klaren Ordnung. Doch die Parteimitglieder sitzen nicht alle nebeneinander, ganz im Gegenteil.

Die Grossrät:innen sitzen nach einer vorgegebenen Formel. Zuerst ist der Wahlkreis entscheidend, so gehört der Platz 100 beispielsweise immer Bettingen. Die Wahlkreise werden je nach Bevölkerungsdichte vergeben. Der Grösste Wahlkreis ist mit 34 Sitzen Grossbasel West. Die höchste Gewichtung der Wahlkreise kennen nur die anderen Halbkantone der Schweiz (beide Appenzell sowie Ob- und Nidwalden).

Wahlkreis, Erfolg, Parteistärke: So sitzt der Grosse Rat
Bild: Kanton Basel-Stadt

Anschliessend ist die Fraktionsgrösse entscheidend, die grösste Fraktion besetzt die ersten Sitze. Die ersten Sitze der Wahlkreise besetzt als grösste Fraktion immer die SP. Die letzten besetzen die Mitte-EVP, nur Fraktionslose sitzen noch hinter der Kleinpartei. Als drittes und letztes Kriterium ist das eigene Wahlresultat der Politisierenden entscheidend. Damit sitzen immer die erfolgreichsten Politiker:innen der erfolgreichsten Fraktion zuvorderst.

Die verschiedenen Kriterien sorgen entsprechend für ein ziemliches Durcheinander. Die Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit des Grossen Rates, Eva Gschwind, schreibt gegenüber Baseljetzt dazu: «Durch die Sitzordnung können die Fraktionspräsident:innen ihre «Schäfchen» tendenziell weniger einfach zusammenhalten bzw. die rasche Absprache ist erschwert. Heute läuft aber vieles über Fraktions-Chats.»

Vorstösse rund um eine Änderung der Sitzordnung hatten in der Vergangenheit keinen Erfolg: «Generell scheint die Sitzordnung nicht in Frage gestellt, ich höre immer wieder, dass es gut tue, von verschiedenen Parteienvertretern umgeben zu sein und, dass es die parteiübergreifende Kollegialität und den parteiübergreifenden Dialog fördere», so Eva Gschwind.

So sitzen die Grossrät:innen

Kriterien-Reihenfolge: Wahlkreis, Fraktionsgrösse, persönliches Wahlergebnis

  • Sitze 1-27 (27): Grossbasel Ost; Platz 1: Lisa Mathy SP, 4’585 Stimmen
  • Sitze 28-61 (34): Grossbasel West; Platz 28: Nicole Amacher SP, 6’985 Stimmen
  • Sitze 62-88 (27): Kleinbasel; Platz 62 Christine Keller SP, Nackrückerin
  • Sitze 89-99 (11): Riehen; Platz 89: Sasha Mazzotti SP, 1’865 Stimmen
  • Sitz 100 (1): Bettingen; Platz 100: Olivier Battaglia LDP, 262 Stimmen

Die oben aufgelisteten Personen sind zudem die Bestgewählten. In Riehen ist Daniel Hettich (LDP) mit 2’917 Stimmen Bestgewählter. Da die Fraktion zuerst beachtet wird, sitzt aber Sasha Mazzotti auf dem ersten Platz derjenigen des Wahlkreises Riehen.

Wahlkreis, Erfolg, Parteistärke: So sitzt der Grosse Rat
Bild: Kanton Basel-Stadt

Die hinterste Reihe im Saal besteht aus Stehplätzen. Eva Gschwind führt aus: «Alle Ratsmitglieder können dort mit ihrem Badge abstimmen – first come first serve. Auf der Abstimmungsanlage zeigt es dann aber den Sitzplatz der eingeloggten Person an.» So können die Grossrät:innen nach ihrer Abstimmung den Saal schnell wieder verlassen und ihren Beschäftigungen nachgehen.

Die Geschichte der Sitzordnung

Gschwind fügt an: «Der um 1380 geschaffene Grosse Rat zählte schon damals vor allem Zunftmitglieder.» Bis 1875 sassen die Grossrät:innen in den Zünften zusammen. Dabei sassen die privilegierten Zünfte vorne, die weniger erfolgreichen hinten. Die Schlüssel- Hausgenossen, Weinleute und Safranzunft sassen zuvorderst, die Baselbieter wurden auf die hinteren Plätze verbannt. 1831 wurde die Vormachtstellung der Städter aufgelöst und per Los alle zwei Jahre die Sitze neu zugeordnet.

Davon konnten die Baselbieter aber nur zwei Jahre profitieren, denn 1833 trennten sich die beiden Basel. Bis 1968 waren nur Männer im Grossen Rat vertreten. Fun Fact: 1798 wurden die Sitze alle zwei Wochen neu ausgelost, Koalitionen sollten so erst gar nicht entstehen. André Salvisberg vom Parlamentsdienst führt aus: «Die vorrevolutionäre Zeit bis 1798 war von heftigen ideologischen Kämpfen zwischen Anhängern der alten Ordnung, «Aristokraten», und Neuerern, «Patrioten», geprägt.»

Unter damaligen Koalitionen würde man heute nicht Gruppierungen zur Meinungsbildung, sondern «sogenannte Filterblasen» verstehen, welche die politische Arbeit verhindern statt fördern könnten.

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