Externe Untersuchung
Basel-Stadt

«Vertrauen ist nicht mehr da»: Polizeikommandant Roth formell freigestellt

Lea Meister

Lea Meister

Ein externes Team ging in den vergangenen Monaten den Gründen für die zahlreichen Kündigungen bei der Kantonspolizei nach. Die erste Konsequenz wurde am Freitag kommuniziert: Kommandant Roth wurde freigestellt.

Exakt eine Woche nach der Veröffentlichung der Resultate der externen Untersuchung durch Professor Markus Schefer trat Stephanie Eymann, Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartements Basel-Stadt, vor die Medien, um die erste Konsequenz aus dem verheerenden Inhalt des Berichts zu ziehen: Polizeikommandant Martin Roth wurde per sofort freigestellt.

Das Bild, welches der Bericht gezeichnet habe, sei alarmierend und verheerend. Eymann habe in der vergangenen Woche auch gespürt, dass die Polizist:innen sehr verunsichert seien, da in der Öffentlichkeit jetzt ein Generalverdacht bestehe, egal, ob es um Rassismus, Sexismus oder andere Themen geht. Es sei deshalb ganz wichtig, in diesen Bereichen eine «Nulltoleranzstrategie» zu fahren. Auch sie habe sich viele Gedanken gemacht und sich auch die Frage gestellt, ob sie das hätte kommen sehen.

Sie habe in den 3,5 Jahren Amtszeit versucht, ein offenes Ohr zu haben und auch entsprechende Gespräche zu führen. Es habe auch Fälle gegeben, die sie angegangen sei und Lösungen gesucht habe. Das Ausmass sei aber erst jetzt auf dem Tisch.

Bei der Freistellung Roths handelt es sich um einen ersten personellen Entscheid als Reaktion auf die Untersuchungsergebnisse, so Eymann. Polizeikommandant Roth hatte Professor Markus Schefer im Januar damit beauftragt, eine unabhängige Untersuchung der Personalsituation bei der Basler Kantonspolizei durchzuführen. Das sei nicht selbstverständlich und dafür danke Eymann ihm auch «in aller Form».

Keine Übergangslösung

Aber: Es werde im Bericht doch sehr klar ausgeführt, dass eben gerade die Leitungsebene ein grosser Teil des Problems sei. Der «Weg in die Zukunft» führe deshalb nur über einen neuen Kommandanten oder eine neue Kommandantin. Der Entscheid, Roth freizustellen, ersetze aber nicht weitere Massnahmen. Eymann befasse sich mit weiteren Personalentscheiden, könne aber noch nicht mehr dazu sagen. Seine Freistellung sei ein erster Entscheid, aber kein letzter.

Einen Kommandanten ad interim werde es vorerst nicht geben. Das Tagesgeschäft werde aufrecht erhalten. Sobald mehr Klarheit herrsche, werde sie wieder kommunizieren. Wer wird nun Entscheide treffen, wenn beispielsweise Demonstrationen stattfinden? Es sei immer ein Offizier in Charge, der das Tagesbusiness leite. In der jetzigen Situation wäre es für Eymann das falsche Signal gewesen, jemanden aus dem Leitungsgremien in eine Übergangsposition als Kommandant zu holen. Mit Offizieren überbrücke man aber nur das Tagesgeschäft. Das Ziel sei, den Kommandantenposten bald neu besetzen zu können.

Vorträge über Werte in bestehenden Strukturen sinnlos

Eymann betont, dass es jedoch nicht reichen werde, «einfach ein paar Köpfe auszutauschen». Es brauche strukturelle Anpassungen und Überarbeitungen. In den bestehenden Strukturen Vorträge über Werte zu halten, wäre zu kurz gedacht, so Eymann. Da jetzt «alles auf dem Tisch liege» hoffe sie auch, dass die Leute mehr darüber reden und sich nicht mehr alles bieten lassen. Sie sehe den Bericht auch als Chance dafür, dass solche Verfehlungen nicht mehr unter den Teppich gekehrt werden können. Man müsse sich aber auch bewusst sein: Ein genereller Kulturwandel könne fünf bis zehn Jahre Zeit erfordern, das bestätigte auch Markus Schefer an seiner Pressekonferenz vor einer Woche.

In anderen Kantonen sehe es ähnlich aus

Gibt es eine Erklärung dafür, dass es in Basel seit vielen Jahren zu Problemen bei der Polizei kommt? Viele der Themen, die im Bericht zum Vorschein gekommen sind, seien wohl seit Jahren existent gewesen und erst jetzt an die Oberfläche gekommen, so Eymann. Zudem erhalte Eymann auch aus anderen Kantonen ähnliche Rückmeldungen. «Bei ihnen sieht es ähnlich aus.» Mit der Kultur in Polizeien müsse man entsprechend ganz generell sehr sorgsam umgehen. Vielleicht sei das bisher nicht gelungen.

Akute Meldungen über mehr Kündigungen seit der Publikation der Untersuchungsergebnisse habe Eymann nicht, sie habe eher das Gefühl, dass jetzt gespürt werde, dass etwas gehe. Viele hätten mit dem Gedanken gespielt und gesagt, dass sie gekündigt hätten, wenn jetzt nichts passiert wäre. Das Signal sei klar: Man verschliesse die Augen nicht mehr und es werde nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergegangen.

Die Medienkonferenz kannst du hier im Ticker nachlesen:

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Kommentare

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28.06.2024 22:17

KarlBP

Ich stimme der Vorrednern zu, auch wenn es im Gellert noch sehr ruhig ist. Wenn ich im Job 3.5 Jahre in Amt und Würden bin oder wäre, wenn auf einmal ein Bericht vom Verantwortlichen selbst hergestellt wird und dies auf einmal sofort zur Kündigung des Auftraggebers des Berichts führt. Das riecht schwer nach einem grausigen amtlich-politischen Furz! Hoffen wir, dass die Entscheiderin jetzt durchzieht!

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28.06.2024 15:32

spalen

strukturelle probleme sind halt auch immer sehr eng mit köpfen verbunden. so ist die freistellung sicherlich eine logische konsequenz. es bleibt zu hoffen, dass das nicht ein bauernopfer ist, sondern nun ernsthafte analysen zu ernsthaften konsequenzen führen. ob frau eymann zu spät reagiert hat oder nicht, bleibt eine andere frage, die aber auch zu diskutieren ist – zum wohl der polizei, aber auch von frau eymann. soll alles zum guten kommen, dürfen keine zweifel an der führung bestehen.

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