Untersuchung
Basel-Stadt

«Angstkultur», Sexismus, Rassismus: Stimmung bei der Polizei auf dem Tiefpunkt

21.06.2024 10:16 - update 25.03.2025 15:28
Lea Meister

Lea Meister

Ein externes Team ging in den vergangenen Monaten den Gründen für die zahlreichen Kündigungen bei der Kantonspolizei nach. Die Resultate der Untersuchung sind da. Die Probleme sind immens.

Der drastische Unterbestand bei der Kantonspolizei Basel-Stadt – es sind 120 Vollzeitstellen nicht besetzt – wurde jüngst durch Kündigungen weiter verschärft. Als Massnahme, die junge Menschen in den Beruf holen sollte, wurde eine Marketingkampagne lanciert. Gleichzeitig wurden Pensionierte zurück in den Dienst geholt, um einige Lücken zu schliessen.

Anfang 2024 hiess es seitens der Polizei, es bestehe die Möglichkeit, dass die anhaltenden Kündigungen nicht nur mit den Arbeitsbedingungen und der schwierigen Freizeitplanung in Verbindung gebracht werden könnten, sondern auch mit dem Arbeitsklima.

Dem ging ein externes Team rund um Markus Schefer, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht, und Claudia Puglisi, niedersächsische Polizeidirektorin, nach. Angeordnet wurde die Untersuchung von Polizeikommandant Martin Roth. Das Team führte vertrauliche Interviews mit aktiven und ehemaligen Mitarbeitenden der Kantonspolizei, um herauszufinden, weshalb es zu so vielen Kündigungen kommt. Knapp sechs Monate später sind die Resultate der externen Untersuchung da.

Rund 1’000 Personen arbeiten bei der Kantonspolizei Basel-Stadt, 372 aktive und ehemalige Mitarbeitende haben in den geführten Interviews über die Missstände im Alltag berichtet. Unter Zusicherung strengster Vertraulichkeit.

Bericht müsse zu Konsequenzen führen

Die Resultate der Untersuchung fallen noch negativer aus als erwartet. «Die Abklärungen zeigen deutlich, dass die Stimmung in zahlreichen Einheiten der Kantonspolizei schlecht ist», heisst es in der Zusammenfassung. Eine Vielzahl der Befragten habe festgehalten, dass es unter den Mitarbeitenden «brodle». Zudem sei die Erwartung, dass der Bericht zu Konsequenzen führen müsse, gross, da es zu viele «folgenlose Umfragen» gegeben habe.

«Angstkultur», Sexismus, Rassismus: Stimmung bei der Polizei auf dem Tiefpunkt
Markus Schefer und Claudia Puglisi stellten am Freitag die Resultate der externen Untersuchung vor. Bild: Baseljetzt

«Einige der Befragten machten ihrem Verbleib in der Kapo von den Ergebnissen des vorliegenden Berichtes und den darauf aufbauenden Konsequenzen abhängig», heisst es in der Zusammenfassung der Berichts, der am Freitag publiziert wurde, weiter.

«Grosse Unrast»

Die Atmosphäre in der Kantonspolizei sei «durch eine grosse Unrast» und einen «ermüdenden Aktionismus» geprägt. Im Aussendienst hänge dies hauptsächlich mit der erhöhten Arbeitsbelastung aufgrund des Unterbestands, den zunehmenden Anforderungen von Seiten der Gesellschaft und einer als «erratisch», also nicht stringent, und «ad hoc» wahrgenommenen Führung zusammen.

Durchwegs geltend gemacht wurde mangelnde Wertschätzung. Die Gründe dafür seien zahlreich und sehr unterschiedlich und reichten von einem Gefühl der Ablehnung seitens der Öffentlichkeit über ungenügende Entlöhnung, mangelnde Fairness von Entscheiden – besonders bei Beförderungen – bis hin zur «Existenz einer Angstkultur» in verschiedenen Einheiten. Auch bei vermeintlich alltäglichen Dingen fehle es an Wertschätzung. So hätten Polizisten keine Parkplätze zur Verfügung, auch dann nicht, wenn sie nach Dienstschluss nicht mit dem öV nach Hause kommen. «Du kannst ja auf dem Posten schlafen», habe man gesagt.

Im Bericht wird dann auch empfohlen, auf allen hierarchischen Stufen eine polizeiweite Strategie zur Stärkung der Wertschätzung zu erstellen. Das Schwergewicht sei dabei auf jene Faktoren zu legen, welche die Kapo direkt beeinflussen kann. Die Strategie sollte «zügig und nachhaltig» umgesetzt werden.

Ein weiteres «illustratives Beispiel» betrifft den Punkt der mangelndem Planung: So sei die Polizeileitung nicht in der Lage gewesen, die Schutzwesten rechtzeitig zu ersetzen, so dass heute Westen im Einsatz stünden, deren Einsatzzeit seit rund drei Jahren abgelaufen sei. Auch andere Anschaffungen seien nicht nach sachgerechten Gesichtspunkten erfolgt, beispielweise der Kauf der neuen Uniform oder der Kauf der Teslas. Entsprechende Einschätzungen werden laut Bericht von Mitarbeitenden aller hierarchischen Stufen geteilt.

Kein Vertrauen in die Führung

Auffällig sei zudem der Mangel an Vertrauen in die Führung; in den Gesprächen sei praktisch kein Vertrauen in die Polizeileitung zum Vorschein gekommen. Auf Ebene der Abteilungen zeige sich ein «differenzierteres Bild», auf Ebene der Ressortleitungen gebe es zudem enorme Unterschiede.

«Angstkultur», Sexismus, Rassismus: Stimmung bei der Polizei auf dem Tiefpunkt
Martin Roth, der Kommandant der Kantonspolizei Basel- Stadt, muss heftige Kritik einstecken. Bild: Keystone

Der grosse Unmut werde durch einen «getriebenen» und von eng aufeinanderfolgenden Einsätzen geprägten Alltag verstärkt. «Wir hetzen von einem Auftrag zum nächsten.» Es bleibe praktisch keine Zeit für freie Polizeiarbeit und Gespräche, in welchen man sich über die Belastung austauschen könne.

«Strudel der Unzufriedenheit»

Ein grosser Teil der Mitarbeitenden sei von einem «Strudel der Unzufriedenheit» erfasst. Der Bericht formuliert insgesamt 30 Empfehlungen unterschiedlicher Art. «Es wird die Aufgabe der Polizeileitung und der Departementsführung sein, einen Prozess in Gang zu setzen, der Veränderungen auf unterschiedlichen Ebenen der Grundsätzlichkeit und in geplanter zeitlicher Abfolge zum Ziel hat und einen markanten Kulturwandel bewirkt», so der Wortlaut in der Zusammenfassung des Berichts.

Die 30 Empfehlungen aus dem Bericht in der Übersicht:

  • Empfehlung 1: Verbesserung der Kommunikation mit der Öffentlichkeit.
  • Empfehlung 2: Berücksichtigung von Polizist:innen bei der Neueinstellung von Mitgliedern der Polizeileitung & Redimensionierung der Aufgaben in der Leitung.
  • Empfehlung 3: Kultur der Orientierung auf gemeinsame Ziele sollte entwickelt werden & Erkennen von Mängeln in der Eignung von Mitgliedern der Polizeileitung.
  • Empfehlung 4: Klarere Regelung der Kompetenzen und Arbeitsweisen der Polizeileitung & Stärkung der Leitung als Führungsorgan.
  • Empfehlung 5: Relevanz akademischer Titel in der Kapo sollte sich an ihrer Bedeutung für die wahrgenommenen Funktionen orientieren.
  • Empfehlung 6: Verhalten der Führung sollte sich an höchsten Massstäben persönlicher und professioneller Integrität orientieren & Führungskräfte sollten in ihren Fähigkeiten zur Personalführung unterstützt werden.
  • Empfehlung 7: Kommandant Roth sollte sein Führungsverhalten der hierarchischen Struktur der Kapo anpassen, um geachteter zu werden. Er solle sich zudem Problemen zuwenden, in welchen er innert kurzer Zeit etwas bewirken kann. Auch soll er prägnanter auf die Leitung einwirken und sie zu einem Gremium mit gemeinsamer Zielrichtung formen.
  • Empfehlung 8: Zahl der Projekte sollte auf ein realistisches Niveau gesenkt werden.
  • Empfehlung 9: Strategie mit dem Fokus auf Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung. Planungsprozesse sollen auf ihre Zuverlässigkeit, Sachgerechtigkeit und Effizienz hin überprüft und angepasst werden.
  • Empfehlung 10: Zusammenarbeit in der Leitung sollte intensiviert und Beförderungsverfahren mit dem Ziel überprüft werden. möglichst die am besten geeigneten Personen auszuwählen und nicht diejenigen, die mit dem/der Vorgesetzten das beste Verhältnis haben.
  • Empfehlung 11: Strategische Vorgaben an Ressortleitungen sollten geprüft werden, Teamleiter:innen sollen zudem Zeit haben für die Beschäftigung mit grundsätzlichen Themen. Kultur des Austauschs und Respekts sollte geschaffen werden.
  • Empfehlung 12: Offiziersrang und Leistung von Einsatzleistungen nur dort vorsehen, wo es gerechtfertigt ist.
  • Empfehlung 13: Kommunikation sollte überprüft und wenn nötig angepasst werden. Kommunikative «Lehmschichten» sollten durchlässiger werden, um eine konstruktive Kritikkultur anstreben zu können.
  • Empfehlung 14: Feingliedrigkeit der Strukturen sollte überprüft werden, um mögliche Aufgabenbündelungen, Prozesseffizienz und Schnittstellenminimierung zu prüfen.
  • Empfehlung 15: Kapo-interne Prozesse sollten schriftlich verankert werden, damit die tagtägliche Befolgung sichergestellt werden kann.
  • Empfehlung 16: Die laufenden Bemühungen um eine Revision der Arbeitszeitmodelle sollten zügig fortgeführt werden mit dem Ziel, auch jungen Angehörigen der Kapo attraktive Modelle bieten zu können.
  • Empfehlung 17: Die Einsatzplanung für die Zusatzdienste sollte auch freiwillige Meldungen ermöglichen. Zudem sollten Zusatzdienste angemessen vergütet werden.
  • Empfehlung 18: Die personelle Entlastung der Einheiten im Aussendienst sollte mit hoher Priorität verwirklicht werden.
  • Empfehlung 19: Zugang zu Weiterbildungen sollte für alle gleichermassen gewährleistet sein. Es soll diesbezüglich Vorteile geben, keine Nachteile. Vorqualifikationen sollten berücksichtigt werden.
  • Empfehlung 20: Es sollten Laufbahnentwicklungen verankert werden, welche den einzelnen Angehörigen der Kapo Perspektiven ihrer Weiterentwicklung innerhalb der Kapo eröffnet.
  • Empfehlung 21: Entlöhnung sollte konkurrenzfähiger werden und Zusatzleistungen mehr berücksichtigt werden. Zudem sollte ein Konzept für die Gewährung von Benefits erstellt und umgesetzt werden, welches erkennbar und nachvollziehbar ist.
  • Empfehlung 22: Polizeiweite Strategie zur Stärkung der Wertschätzung der Angehörigen der Kapo auf allen hierarchischen Stufen. Schwergewicht wäre auf jene Faktoren zu legen, welche die Kapo direkt beeinflussen kann. Die Umsetzung sollte zügig und nachhaltig sein. Zudem sollte die Polizeileitung zur mangelnden Wertschätzung Stellung beziehen.
  • Empfehlung 23: Massnahmen zur Schaffung und Stärkung einer Kultur des Umgangs zwischen Mann und Frau auf Grundlage der Gleichberechtigung und des gegenseitigen Respekts. Sollten strukturell so verankert sein, dass sie sich auf systemische Probleme beziehen und sich nicht auf Einzelfälle beschränken. Leitung soll sich zudem zu einem respektvollen Umgang zwischen Mann und Frau bekennen und dies entsprechend stets präsent und klar verständlich sein. Die Massnahmen sollten sich auch auf gleichgeschlechtlich orientierte Angehörige der Kapo erstrecken. Zudem sollte es polizeiintern eine unabhängige Stelle geben, an die sich Polizist:innen wenden können und die über die notwendigen Mittel und Kompetenzen verfügt.
  • Empfehlung 24: In der Dienstplanung sollte es zu mehr Rotationen kommen, um Isolation in einer Einheit zu verhindern. Zudem sollten Strukturen aufgebaut werden, die unterstützend sind wenn es um den Umgang mit anspruchsvollen Situationen geht. Sie sollen zudem die Entstehung und Verfestigung negativer Stereotypen im Bereich Rassismus erkennen und dagegen vorgehen. Fehlverhalten sollte zudem gemeldet werden können, ohne dass negative Folgen zu befürchten sind.
  • Empfehlung 25: Die psychologische Betreuung der Angehörigen der Kapo müsse markant verbessert werden.
  • Empfehlung 26: Die Entlöhnung der Sicherheitsassistent:innen sollte markant angehoben werden. Zudem sei in Erwägung zu ziehen, diese Funktion zu überprüfen.
  • Empfehlung 27: Die Anstrengungen zur Anwerbung neuer Polizist:innen sollten erheblich erhöht werden. Entsprechende Massnahmen erscheinen von grosser Dringlichkeit.
  • Empfehlung 28: In zwei organisatorischen Einheiten sollte im Rahmen einer vertieften internen Abklärung den Verdachtsmomenten auf erhebliche Verstösse gegen die berufliche Integrität nachgegangen und die erforderlichen Massnahmen getroffen werden.
  • Empfehlung 29: Bei Entscheiden auf allen hierarchischen Ebenen sollte dem ausgeprägten Bedürfnis nach Gleichbehandlung Rechnung getragen werden. Zudem sollten die Kriterien für die interne Vertraulichkeit von Informationen generell abstrakt festgelegt und die Zuständigkeiten für entsprechende Entscheide im Einzelfall geregelt werden. In der Praxis sollten diese Regelungen tatsächlich verfolgt und eine Kultur der Transparenz angestrebt werden.
  • Empfehlung 30: Die Schaffung eines Klimas, in welchem bestehende Probleme offensiv und lösungsorientiert angegangen werden. Mitarbeitende sollen ermuntert werden, auf Probleme hinzuweise und entsprechende Meldungen ernst zu nehmen. Dafür wären die erforderlichen strukturierten Prozesse zu schaffen.

Einzelne Massnahmen dürften nicht genügen. Dies gelte für grundsätzliche Massnahmen struktureller, organisatorischer und prozeduraler Art. Aber viel eher noch für «punktuelle Veränderungen». Der Bericht enthalte keine Empfehlungen über personelle Massnahmen, dies sei vom Polizeikommandanten so in Auftrag gegeben worden. Ob solche ergriffen werden sollten, sei von den dafür zuständigen Stellen zu beantworten. Personelle Massnahmen alleine dürften lauft den Untersuchungsergebnissen aber nicht genügen.

Heftige Kritik an Polizeiführung

Ein grosses Problem scheint zu sein, dass die Polizeileitung nicht als «kohärent funktionierendes Kollegium» wahrgenommen werde. Als Führungsorgan werde sie zudem von den meisten nicht wahrgenommen; auch sei die Fachkenntnis bei der Leitung nicht ausreichend. Nur eine einzige Person habe Polizeierfahrung, was viele Befragte vorwurfsvoll äusserten. Ein Polizist drückte es so aus: «Wir brauchen einen Kommandanten, keinen Kollegen.» Man könne den Kommandanten nicht mehr ernst nehmen.

So ist dann eine Empfehlung aus dem Bericht auch, dass der Kommandant sein Führungsverhalten der hierarchischen Struktur der Kapo anpassen sollte, mit dem Ziel, von den Mitarbeitenden als geachteter Repräsentant der Kapo wahrgenommen zu werden. Zudem sollte Polizeikommandant Martin Roth «prägender auf die Polizeileitung einwirken» und sie zu «einem Gremium mit gemeinsamer Zielrichtung» formen. Eine weitere Empfehlung aus dem Bericht an Roth ist, dass er sich verstärkt «auch jenen Problemfeldern zuwenden sollte, in denen er innert nützlicher Frist Veränderungen bewirken kann».

Woz berichtet von Sexismus und Rassismus

Besorgniserregend sind auch die Schilderungen, die am Donnerstag in der Woz zu lesen waren: «Skizziert wird ein Polizeialltag, in dem es immer wieder zu sexistischen, rassistischen und antisemitischen Grenzüberschreitungen kommt, zu Gewaltausbrüchen und Machtmissbrauch», heisst es im Artikel, der den Inhalt zahlreicher Gespräche mit Polizist:innen wiedergibt. Eine «toxische Cop Culture», die diejenigen abschrecke, die «korrekte Polizeiarbeit» leisten wollten.

Zudem zeige sich: Die befragten Polizist:innen seien eingeschüchtert und hätten Angst davor, Repressalien zu erleben oder in anderen Polizeikorps keine Stelle mehr zu finden. Das Vertrauen in den Untersuchungsbericht sei entsprechend hoch, heisst es in der Woz weiter.

Im Fokus zahlreicher kritischer Erzählungen gegenüber der Woz steht der «Einsatzzug», eine Abteilung, die im Kleinbasel im Horburgquartier tätig ist. Gegen Mitglieder dieses Einsatzzuges soll es mehrere Gerichtsurteile geben – es geht um gewalttätige Übergriffe nach Festnahmen und im Falle des damaligen Teamleiters auch um Gewaltfantasien und pornografische Darstellungen in einer internen Chatgruppe. Der Teamleiter wurde daraufhin entlassen und Kommandant Roth sprach von «schwerwiegenden Einzelfällen», der Einsatzzug habe «kein systematisches Gewaltproblem». Vergangenen Winter wurde dann angekündigt, dass der Stützpunkt Horburg in die Sicherheitspolizei integriert werden soll.

Rassismus war auch Thema in den Gesprächen

Auch aus dem Bericht geht hervor, dass in vielen Gesprächen Rassismus im Polizeialltag thematisiert worden sei. Es werde eine gewisse Häufung in operativen Einheiten beobachtet, die über eine «eher geringe polizeiinterne Sozialkontrolle» verfügen. Es seien keine strukturellen Mechanismen erkennbar, die betroffene Polizist:innen darin unterstützen würden, die Entstehung negativer Stereotypen zu verhindern. Problematische Verhaltensmuster scheinen teilweise toleriert zu werden.

Aus dem Bericht geht als Empfehlung hervor, dass sichergestellt werden sollte, dass Polizist:innen nicht über einen längeren Zeitraum hinweg in der gleichen relativ isolierten Einheit Dienst verrichten. Zudem brauche es kurzfristig aufgebaute Strukturen, die negative Stereotypen erkennen und es möglich machen, gegen sie vorzugehen. «Solche Massnahmen wären strukturell zu verankern und auf Dauer auszulegen», heisst es im Bericht. Es müsse abschliessend auch sichergestellt sein, dass Fehlverhalten von Kolleg:innen gemeldet werden könne, ohne dass die meldende Person Angst vor Konsequenzen haben müsse.

Umgang mit Frauen

Ebenfalls deutlich wird, dass die operativen Einheiten auf Gruppen- und teilweise auf Ressortebene gekennzeichnet seien durch einen «sehr starken und sehr engen persönlichen Zusammenhalt» der Beteiligten, der in vielen Fällen auch familiären Charakter annehme. Dies könne durchaus auch dazu führen, dass sich die Grenzen zwischen dem «allseits als adäquat beurteilten Verhalten einerseits und dem als übergriffig erlebten Verhalten andererseits» verschiebe.

Polizistinnen hätten ausgeführt, dass es gerade im Aussendienst oft zu Schwierigkeiten komme. Auffällig sei zudem gewesen, wie zurückhaltend die meisten Polizistinnen anfänglich auf die Frage reagierten, wie sie den Umgang mit ihnen als Frau erlebten. «Es scheint, dass zahlreiche Polizistinnen eine nicht unerhebliche innere Anpassungsleistung erbringen, um in einem ihrer Geschlechtlichkeit gegenüber verbreitet eher kruden Klima bestehen zu können», so der Wortlaut im Bericht.

Dieses Klima werde dadurch geschaffen, dass einzelne Polizisten – auch Vorgesetzte – eine von «sexuellen Konnotationen durchsetzte Sprache» benutzen und Frauen zum Teil mit derber Terminologie für weibliche Geschlechtsteile qualifizieren. Aus den Gesprächen sei auch hervorgegangen, dass die gleichgeschlechtliche Ausrichtung bei Frauen von Angehörigen der Kapo weithin akzeptiert werde, nicht aber die gleichgeschlechtliche Ausrichtung von Männern.

Es sei zudem darauf hingewiesen worden, dass einzelne Polizisten, auch Vorgesetzte, neu eintretende Polizistinnen kontaktieren, um ihnen Unterstützung anzubieten – der Hintergrund sei aber eine Einladung zu persönlichen oder intimen Kontakten. Die Taktik dabei scheine «recht sorgfältig aufgebaut» zu sein. Ob dies heute noch so durchgeführt werde, sei unklar.

In einzelnen Fällen sei zudem von sexuellen Übergriffen und über entsprechende straf- und personalrechtliche Verfahren berichtet worden. Auch die oben geschilderten Vorfälle scheinen sich in den operativen Einheiten zu häufen, die vergleichsweise isoliert sind und einer geringeren polizeiinternen Sozialkontrolle unterliegen. Ein Umstand, der bei organisatorischen Neugestaltungen beachtet werden wollte, wie klar und deutlich aus dem Bericht hervorgeht.

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Kommentare

Dein Kommentar

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22.06.2024 07:50

kutti

Hoffentlich bemerkt die Verbrecher , Einbrecher und Drogendealer die Unruhen bei der Polizei nicht sonst wird es so sein wie vor einigen Wochen

1 0
21.06.2024 13:48

Maxli

Die Polizei darf, soll und muss hart durchgreifen können. Aber der Lohn muss halt schon auch stimmen. Aber die Linken werden das schon zu verhindern wissen.

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