Kurvensperre
Sport

«Das Kaskadenmodell ist nicht durchdacht»: SFL äussert sich zur Kurvensperre

25.04.2025 06:06 - update 25.04.2025 18:00
Jeremy Goy

Jeremy Goy

Das Kaskadenmodell sorgt dieser Tage für Schlagzeilen. Nach der Sperrung der Muttenzerkurve am Ostermontag wird die Rechtmässigkeit der Massnahme heiss diskutiert. Nun nimmt die Liga zum Thema Stellung.

Die Schlägerei nach dem Spiel zwischen dem FC Zürich und dem FC Basel vom 12. April sorgt weiter für grosse Diskussionen. Vor allem, weil die Basler Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann die Muttenzerkurve daraufhin für ein Spiel sperrte, abgestützt auf das Kaskadenmodell der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD). Das Ziel der Massnahme: Weitere Gewalt rund um Fussballspiele verhindern.

Während die KKJPD von der präventiven Wirkung des Kaskadenmodells überzeugt sind, laufen Fussballclubs und viele Fans dagegen Sturm. Und auch in der Basler Politik regt sich breiter Widerstand von Rechts bis Links gegen die kollektive Bestrafung von Fankurven für Gewaltvorfälle rund um Fussballspiele.

Und was sagt die Liga?

SFL kritisiert Kaskadenmodell scharf

Für Claudius Schäfer, CEO der Swiss Football League (SFL), ist das Kaskadenmodell nicht der richtige Weg, um Gewalt rund um den Fussball zu verhindern. Zurzeit könne man noch keine Bilanz zum Kaskadenmodell ziehen, da die Saison noch nicht zu Ende sei, so Schäfer gegenüber Baseljetzt. «Man sieht aber, dass es eine Massnahme ist, die nicht durchdacht ist und nicht funktioniert. Sie ist nicht verhältnismässig und nicht zweckmässig.» Zudem bestrafe man dadurch vielfach die falschen Personen, es entstehen mehr Kosten und die Polizei habe mehr zu tun. Rechtlich gesehen sei die Situation auch noch nicht vom Tisch, so Schäfer: «Das Kaskadenmodell ist vielleicht sogar widerrechtlich. Momentan sind drei Verfahren am Laufen, und ich bin gespannt, wie die Gerichte entscheiden werden.»

Uneinigkeit zwischen SFL und KKJPD

Das Kaskadenmodell wurde letzten Sommer von der Arbeitsgruppe Bewilligungsbehörde, die der KKJPD zugehörig ist, eingeführt. Baseljetzt konfrontierte die KKJPD mit der Kritik vonseiten der Clubs und der SFL am Modell.

KKJPD-Generalsekretär Florian Düblin erklärt, dass man an der Zusammenarbeit zwischen der KKJPD und der SFL noch arbeiten könne. Es sei aber ein Anliegen, dass der Dialog mit der SFL und den Clubs fortgesetzt werde. Die Behördenseite wünsche sich von der SFL und den Clubs konkrete Massnahmen zur Problemlösung und eine klare Positionierung sowie Verantwortungsübernahme. «Trotz massiver Kritik am Kaskadenmodell haben weder die SFL noch die Clubs neue, praktikable und konkrete Vorschläge zur Verhinderung von Fanausschreitungen vorgebracht,» so Düblin.

«Das Kaskadenmodell ist nicht durchdacht»: SFL äussert sich zur Kurvensperre
Die Fans aus der Muttenzerkurve schaftten es am Ostermontag trotz Sektorsperre ins Stadion – sie wichen in den Sektor B aus. Bild: Baseljetzt

Ligaboss Schäfer hält dagegen: «Wir können nicht einfach Massnahmen aus dem Hut zaubern.» In anderen Liegen verfolge man Einzeltäter und sorge für Prävention. Diese Strategie halte auch er für den richtigen Weg.

Auch betreffend der Kommunikation kontert Schäfer in Richtung der KKJPD: Die SFL sei nicht schuld daran, dass der Dialog nicht stattgefunden habe. «Wir haben mehrmals die Hand gereicht und gesagt, dass wir diesen Dialog unbedingt wollten».

KKJPD hinterfragt Kehrtwende der SFL

Düblin von der KKJPD erklärt gegenüber Baseljetzt, dass das Kaskadenmodell der Kompromiss eines langen gemeinsamen Prozesses zwischen den Behörden und der SFL sei und einer breiten Vernehmlassung mit über 2’000 Teilnehmenden unterzogen wurde. «Die SFL hat das Kaskadenmodell von Anfang an massgeblich mitentwickelt und sich sehr zum Bedauern der Behörden erst ganz zum Schluss davon distanziert. Diese Kehrtwende konnte uns bis heute nicht plausibel erklärt werden», so Düblin.

Die Erfahrungen in der laufenden Fussballsaison hätten gezeigt, dass das Kaskadenmodell einen klar spürbaren «Chilling Effect» habe. Insgesamt habe man durch die Einführung des Kaskadenmodells eine positive Wirkung beobachten können. Deswegen sei zurzeit davon auszugehen, dass das Kaskadenmodell auch nächste Saison weitergeführt werde, erklärt Düblin.

FCB-Fans auf Bewährung

Zukunft hin oder her – Fakt ist, dass sich die Anhänger des FC Basel kein weiteres Fehlverhalten leisten dürfen. Andernfalls droht die bittere Konsequenz, dass eine mögliche Meisterparty im Stadion samt Pokalübergabe am letzten Spieltag gegen den FC Luzern vor leeren Rängen stattfinden könnte. Aktuell sind der FCB beziehungsweise dessen Fans nämlich für fünf Spiele auf Bewährung – so will es das Kaskadenmodell.

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Kommentare

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25.04.2025 13:06

Sonnenliebe

Das Kaskadenmodell wirft rechtlich Fragen auf und Herr Schäfer vom SFL bezeichnet es als nicht zweckmässig, unfair und vielleicht sogar widerrechtlich, weil die “Falschen” bestraft werden und Fans ausgeklammert, die rein gar nichts dafür können. Ausserdem wäre es wichtig, die Einzeltäter zu verfolgen und Prävention. Das ist auch meine Meinung. Die Vorfälle geschehen ausserhalb der Stadien, das ist oft sogar abgemacht zwischen den Schläger und hat mit Fan sein nichts zu tun.

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25.04.2025 08:36

skywings2

Endlich meldet sich auch Herr Schäfer. Hingegen : Aussage KKJPD, Düblin : “Die SFL hat das Kaskadenmodell von Anfang an massgeblich mitentwickelt und sich sehr zum Bedauern der Behörden erst ganz zum Schluss davon distanziert. ” Wenn das stimmen würde, wäre es eine absolute Katastrophe.
Fakt ist : Auf europäische Fussballplätzen sind in den Kurven sehr viele Fanbeauftragte zu sehen. Sie leisten vorbeugende Arbeit, stärken den anständigen Fan’s den Rücken gegen die Chaoten. In der Schweiz steckt das in den Kinderschuhen.

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