Enkel auf den Spuren des grossen Fasnachtsdichters Bolo Mäglin
©Bilder: Baseljetzt, Staatsarchiv BS / Montage: Baseljetzt
Zeitreise
Fasnacht

Enkel auf den Spuren des grossen Fasnachtsdichters Bolo Mäglin

09.11.2025 17:47 - update 10.11.2025 08:38
David Frische

David Frische

Der Schriftsteller und Journalist Rudolph «Bolo» Mäglin prägte mit seinem Schaffen die Basler Fasnacht im letzten Jahrhundert mit. Sein Enkel hat es sich zur Mission gemacht, Mäglins Nachlass der Nachwelt zugänglich zu machen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Lukas Mäglin macht die Werke seines Grossvaters Bolo Mäglin über eine eigene Website und mit Unterstützung der Uni Basel öffentlich zugänglich
  • Gemeinsam mit einem Fasnachtsexperten gelang es ihm, das Vorbild der Novellenfigur «Der Ruesser» zu identifizieren
  • Lukas Mäglins Arbeit zeigt, was möglich ist, wenn sich Privatpersonen mit der Fasnachtsszene und der Wissenschaft vernetzen

Verstaubte Kisten auf dem Estrich eines Wohnhauses in Binningen. Dort schlummerten die Schätze des 1973 verstorbenen Bolo Mäglin jahrelang. Bis sie sein Enkel Lukas Mäglin ausgrub und damit begann, den Nachlass seines berühmten Grossvaters aufzuarbeiten. «Ich wollte die Baustelle angehen», so Lukas Mäglin. «Mein erster Impuls war, einfach mal eine Werksliste zusammenzustellen.» Doch daraus wurde schnell mehr.

Rudolph «Bolo» Mäglin ist eine Persönlichkeit der Basler Fasnacht. Der Journalist, Schriftsteller und Dichter war zeit seines Lebens rund um die drey scheenschte Dääg präsent, und das in mehreren Rollen. Als aktiver Fasnächtler, als Journalist für die «National-Zeitung» schrieb er jahrelang mit kritischem Blick den Querschnitt. Und nicht zuletzt begleitete Mäglin die Fasnacht als Schriftsteller und Dichter: vom Väärs bis zur Novelle bereicherte er die Fasnacht mit seiner Sprache. Mäglins Nachlass in Form von Manuskripten befindet sich zum Grossteil im Besitz seiner Familie.

Sein Enkel Lukas möchte diesen Nachlass der Öffentlichkeit zugänglich machen. «Ich dachte, eigentlich ist es schade, man sieht das Werk nie, man kann die Gedichte nie lesen.» So habe er angefangen, die wichtigsten Gedichte auf eine selbst kreierte Website zu stellen.

Doch das war Lukas Mäglin auch noch nicht genug.

«Ich merkte, das wird dem Ganzen nicht gerecht.» So habe er zusammen mit der Uni Basel die Website ausgebaut und sei die Dokumentation des Mäglin-Nachlasses systematischer angegangen. Geplant sei zudem, den Nachlass an der Uni Basel für lange Zeit zu archivieren.

Mäglin, ein Vollblut-Fasnächtler

Bolo Mäglins Wohnhaus in Binningen ist aber nicht der einzige Ort, an dem der Dichter seine Spuren hinterlassen hat. Als aktiver Fasnächtler war er ab 1918 kurzzeitig Mitglied der Alte-Stainlemer-Clique, ehe er 1923 zur Märtplatz-Clique übertrat, die er selbst mitgründete.

Mäglin war Tambour, bereicherte das Cliquenleben aber vor allem auch mit seiner Sprachkunst. So machte er sich als Zeedeldichter für die Märtplatz-Clique als auch für andere Formationen wie die Spale-Clique einen stadtbekannten Namen. Daneben griff er gerne zum Piccolo – und war auch als Schnitzelbangg an der Fasnacht unterwegs, was seinen Status als Vollblut-Fasnächtler unterstreicht.

Enkel auf den Spuren des grossen Fasnachtsdichters Bolo Mäglin
Die Märtplatz-Clique würdigte Bolo Mäglins Zeedel-Dichtkunst. Bild: zVg

Bei den Alte Stainlemer erinnert man sich gerne an das prominente frühere Mitglied Bolo Mäglin zurück. Bei einem Besuch im Cliquenkeller tauchen wir in Mäglins Vergangenheit bei den Stainlemer ein.

Geheimnis um Novelle «Der Ruesser» gelüftet

Dabei sticht vor allem etwas heraus: «Bolo hat bei den Stainlemer den Hauptprotagonisten seiner sehr erfolgreichen Novelle ‹Der Ruesser› kennengelernt», sagt Fasnachtsexperte und Stainlemer-Mitglied Christian Zingg. «Der Ruesser», geschrieben im Jahr 1957, ist eine Fasnachtsnovelle über einen fanatischen Basler Trommler, der sich zwischen der Liebe zu einer Frau und der Liebe zur Fasnacht entscheiden muss. Sie ist preisgekrönt und wurde auch als Hörspiel vertont. Hier ein Auszug der Hörbuchfassung von Ruedi Walter:

Auf seiner Spurensuche zur Vergangenheit seines Grossvaters traf Lukas Mäglin auch auf Christian Zingg. Gemeinsam hätten sie ihr Wissen zu Bolo ausgetauscht und Dokumente gewälzt, erzählen sie.

Durch ihre Zusammenarbeit konnten sie ein Geheimnis lüften: «Man hat lange spekuliert, wer denn hinter dem ‹Ruesser› steckt», sagt Zingg. Denn es war klar, dass der Protagonist dieser Fasnachtsnovelle eine reale Person war. «Dank der Hinweise von Lukas und den Hinweisen, die wir hier in den Protokollen und sonst im Stainlemer-Archiv haben, fanden wir heraus und können eindeutig belegen, dass der ‹Ruesser› Noldi Ringli war, Tambour bei den Alten Stainlemer.»

Enkel auf den Spuren des grossen Fasnachtsdichters Bolo Mäglin
Lukas Mäglin (rechts) und Christian Zingg im Keller der Alten Stainlemer. Bild: Baseljetzt

Würdigung der legendären Kinderbeilage

Im Stainlemer-Keller findet sich ein weiteres wichtiges Zeitdokument zu Mäglins Fasnachtsschaffen: Ein Foto eines Auftritts der Jungen Garde der Alte Stainlemer an einem Monster-Drummeli. Es handelt sich um die sogenannte «Glai Nazi», alle Tambouren und Pfeifer im gestreiften Hemd, kurzen Hosen und mit schwarzem Beret kostümiert.

Der Name «Glai Nazi» leitet sich von der «National-Zeitung» ab. Diese hatte ab 1926 eine Kinderbeilage namens «Dr glai Nazi» – ins Leben gerufen vom Journalisten Bolo Mäglin. Er veröffentlichte in der äusserst beliebten Beilage regelmässig seine Gedichte und Kinderromane als mehrteilige Serien.

Der Beilagentitel «Dr glai Nazi» wurde schnell in Verbindung mit dem Nationalsozialismus gebracht, die Urheber bestritten aber einen Zusammenhang. Die Abgrenzung zu den Nazis wurde auch deutlich, als die «National-Zeitung» als eine der ersten Schweizer Zeitungen von den Nationalsozialisten verboten wurde.

Wertvolle Vernetzung mit Fasnächtlern und Uni

Damit Lukas Mäglin das Schaffen seines Grossvaters der Nachwelt zugänglich machen kann, vernetzte er sich auch mit dem Projekt «Dokumentation Basler Fasnacht». Dieses verfolgt das Ziel, die Fasnacht auf einer digitalen Plattform zu dokumentieren. «Der Verein Dokumentation Basler Fasnacht hat sich gegründet, um die Unesco-Konvention, welche die Basler Fasnacht 2017 als immaterielles Kulturerbe ausgezeichnet hat, umzusetzen», erklärt Tim Buser vom Projektteam.

Beim Nachlass von Bolo Mäglin handle es sich um ein «super Beispiel dafür, dass die Digitalisierung ermöglicht, dass die Bestände miteinander vernetzt werden und dass der reiche Kulturschatz der Basler Fasnacht für ein breites Publikum auffindbar wird», so Buser.

Enkel auf den Spuren des grossen Fasnachtsdichters Bolo Mäglin
Bolo Mäglin als Sujet an der Basler Fasnacht 1958: «Bolo vor em Richter». Typisch für den Dichter war sein Gang mit Zeitung und Mappe unter dem Arm. Bild: zVg

Und auch die Uni Basel konnte Lukas Mäglin als Partnerin für sein Nachlass-Projekt gewinnen. Mit seinem Anliegen hat er bei der Unibibliothek offene Türen eingerannt, wie Geschäftsführer Lorenz Heiligensetzer sagt: «Wir freuen uns, dass der Nachlass von Bolo Mäglin Teil unserer Sammlung an Basler (Dialekt-)Literatur wird.» Die Unibibliothek werde die Dokumente sichern und sie via den Bibliothekskatalog findbar machen.

«Vielleicht werden die Stücke mal wieder aufgeführt»

So dürfte Enkel Lukas seinem Ziel einen grossen Schritt näher kommen, das Vermächtnis seines populären Grossvaters zu bewahren. «Über das, was in diesen Kisten schlummert, haben wir jetzt als Familie Mäglin die Macht, etwas aus dem zu machen und das weiterzugeben – der Forschung, und vielleicht sogar einem breiteren Publikum, das sich an Gedichten oder an Bühnenstücke freut», so Lukas Mäglin. «Und vielleicht werden sie mal wieder aufgeführt, und das freut dann wiederum neue Leute.»

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Dein Kommentar

Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise

11.11.2025 03:23

pserratore

Interessant

0 0

Kommentare lesen?

Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.