
Mordfall Nasenweg: 33-jähriger Wiederholungstäter wird verwahrt
Leonie Fricker
Das Basler Strafgericht hat für den psychisch kranken R. M. am Freitag eine ordentliche Verwahrung angeordnet. Im August 2024 hatte der 33-Jährige während eines Freigangs die Nachbarin seines Vaters am Nasenweg erstochen.
Im Wohnhaus seines Vaters tötete R. M.*, der an paranoider Schizophrenie leidet, am 8. August 2024 eine 75-jährige Frau. Die Tat beging er, während er sich auf unbegleitetem Freigang von den Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) befand. An diesem Tag kehrte er in jene Nachbarschaft zurück, wo er bereits zehn Jahre zuvor einen Doppelmord begangen hatte.
Tatbestand des Mordes objektiv erfüllt
Am Freitag verkündete das Basler Strafgericht das Urteil gegen den 33-Jährigen. Das Gericht kam zum Entscheid, dass der Tatbestand des Mordes objektiv erfüllt sei, und ordnete für R. M. eine ordentliche Verwahrung an. «Es gibt keinen Grund, diese Tat nicht als Mord einzustufen», sagte Dominik Kiener, Präsident der Fünferkammer des Strafgerichts.
Der 33-Jährige wird aufgrund seiner psychischen Erkrankung als schuldunfähig eingestuft. Seine Verwahrung soll er in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik vollziehen, wo weitere Behandlung möglich ist. Ob es künftig Ausgänge geben wird, müsse der Straf- und Massnahmenvollzug gemäss Gesetz entscheiden, führte Kiener aus.
Das bedeutet die ordentliche Verwahrung
Die ordentliche Verwahrung kann gemäss Strafgesetzbuch (StGB) gegen einen Täter ausgesprochen werden, der einen Mord verübt hat und bei dem aufgrund einer psychischen Störung ernsthaft zu erwarten ist, dass er weitere Taten begeht. Zudem darf eine stationäre Massnahme keinen Erfolg versprechen.
Eine bedingte Entlassung aus der ordentlichen Verwahrung ist zwar möglich, in diesem Fall aber nach gegenwärtigem Kenntnisstand unwahrscheinlich. Laut StGB muss dafür zu erwarten sein, dass sich der Täter in der Freiheit bewährt. (sda)
Der Beschuldigte nahm das Urteil am Freitagvormittag im vollen Gerichtssaal still und mit gesenktem Kopf entgegen. Immer wieder vergrub R. M. sein Gesicht in den Händen, während Kiener die Urteilsbegründung vortrug.
Gericht sieht kein Behördenversagen
Gerichtspräsident Kiener ging auch auf die Behandlung von R. M. im Rahmen der stationären Massnahme nach dem Doppelmord von 2014 ein. Diese rückte nach der Wiederholungstat im August 2024 in den Fokus der Öffentlichkeit. Den Pflegenden der UPK sowie dem Straf- und Massnahmenvollzug könne dabei kein Vorwurf gemacht werden. «Sie konnten nicht erkennen, was man jetzt weiss», betonte Kiener. Ein Behördenversagen liege demnach nicht vor. Der Erkrankte sei in den UPK wie andere schwer psychisch Erkrankte behandelt worden. «Aber sie sind nicht wie die anderen», fügte Kiener hinzu.
Wie lange im Voraus der Tat R. M. den Plan hatte, das 75-jährige Opfer zu ermorden, sei unklar geblieben. «Dass sie ihn während zehn Jahren geplant hatten, das glauben wir ihnen nicht», sagte Kiener. Klar sei, dass der Beschuldigte am 8. August 2024 das Tram nutzte, um zur Liegenschaft am Nasenweg zu gelangen. Dies im Wissen, dass sein Vater zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause war. «Dann haben sie ein Messer mit einer grossen Klinge an sich genommen und gingen damit ins Treppenhaus», so Kiener. Wie lange er dort auf die 75-Jährige wartete, sei nicht restlos geklärt. Als das Opfer im Treppenhaus der Liegenschaft eingetroffen war, sei es unmittelbar zur Tat gekommen. Dabei habe R. M. im Wahn, und «mit enormer Brutalität» gehandelt.
«Wir kennen das Motiv nicht»
«Weil sie sich nicht öffnen, kennen wir ihr Motiv nicht», sagte Kiener. Es sei jedoch erstaunlich, dass R. M. zuvor jahrelang weder gewalttätig noch aggressiv aufgefallen sei. Das Gericht kam zu der Annahme, dass die Liegenschaft am Nasenweg für den Beschuldigten einen Trigger darstellte, da es ausserhalb dieses Ortes nie zu Konflikten gekommen sei. «Irgendetwas schlummert dort», stellte Kiener fest.
Das Gericht habe es in diesem Mordfall mit einem Wiederholungstäter zu tun, «der aktuell therapieresistent ist». Deshalb sei die ordentliche Verwahrung angeordnet worden und nicht etwa eine erneute stationäre Massnahme. Ob eine Elektrokrampftherapie (EKT) Erfolge bringen könnte, schloss Kiener nicht aus. Ob es dadurch zu einer deutlichen Verbesserung der Symptomatik in den kommenden fünf Jahren kommen könnte, sei jedoch «fraglich».
Der Beschuldigte muss der Opferfamilie zudem die Bestattungskosten erstatten. Eine geforderte Genugtuung von 100’000 Franken wies das Gericht ab.
«Heisst das, die Ausgänge sind gestrichen?», wollte der Beschuldigte zum Schluss der Urteilsverkündung wissen. «Sie müssen damit rechnen, dass Sie in den nächsten Jahren keine Ausgänge haben werden», antwortete Kiener. Wichtig sei nun, dass er lerne, sich gegenüber den behandelnden Ärzten zu öffnen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Beschuldigte kann innert 10 Tagen Berufung einlegen.
*Name der Redaktion bekannt
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