Offenes Abgasrohr kostete Frau das Leben: Kaminfeger vor Strafgericht
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Justiz
Baselland

Offenes Abgasrohr kostete Frau das Leben: Kaminfeger vor Strafgericht

23.10.2025 06:02 - update 23.10.2025 14:32
Jennifer Weber

Jennifer Weber

Einem Kaminfeger wird fahrlässige Tötung durch eine Kohlenmonoxid-Vergiftung im Baselbiet vorgeworfen. Der Fall wird nun am Donnerstag vor dem Baselbieter Strafgericht verhandelt.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Ein Kaminfeger steht wegen fahrlässiger Tötung und mehrfacher fahrlässiger schwerer Körperverletzung vor Gericht, nachdem er 2021 bei Wartungsarbeiten die Serviceöffnung eines Abgasrohrs nicht korrekt verschlossen haben soll
  • Infolge des Gasaustritts kam eine Frau ums Leben, ein Ehepaar erlitt eine schwere Kohlenmonoxid-Vergiftung mit bleibenden Schäden
  • Die Opfer und Angehörigen fordern Entschädigung und Genugtuung; das Urteil soll am 30. Oktober fallen

Vor rund vier Jahren kam es im Baselbiet in einem Mehrfamilienhaus zu einem tödlichen Unglück. Eine Frau starb an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung. Ein Ehepaar wurde durch das Gas schwer verletzt. Ein Kaminfeger soll bei der Wartung der Heizungsanlage geschlampt haben, wie der Anklageschrift der Baselbieter Staatsanwaltschaft zu entnehmen ist. Der heute 55-jährige Kaminfeger ist wegen fahrlässiger Tötung und mehrfacher fahrlässiger schwerer Körperverletzung angeklagt. Am Donnerstag wird der Fall vor dem Baselbieter Strafgericht verhandelt.

Ehepaar bewusstlos aufgefunden

Am Abend des 8. Dezember 2021 habe eine Bewohnerin eines Mehrfamilienhauses im Baselbiet das Bewusstsein verloren, schreibt die Staatsanwaltschaft. Sie habe notfallmässig hospitalisiert werden müssen. Auch ihr Ehemann habe über Unwohlsein geklagt. Noch am selben Abend sei die Frau «in gutem Allgemeinzustand» aus dem Spital entlassen worden. Es habe keine «belastbare Diagnose» gestellt werden können. Das Ehepaar sei kurz vor Mitternacht in die Wohnung zurückgekehrt und habe sich schlafen gelegt.

Am folgenden Tag um circa 15:30 Uhr haben Angehörige das Ehepaar bewusstlos im Schlafzimmer aufgefunden und den Notruf gewählt. Bei beiden sei im Spital anschliessend eine «schwere Kohlenstoffmonoxid-Intoxikation» diagnostiziert worden. Die Frau und der Mann seien in unmittelbarer Lebensgefahr geschwebt, heisst es in der Anklageschrift. Beide haben durch die Vergiftung bleibende Schäden erlitten und waren lange krank.

Bewohnerin tot im Wohnzimmer gefunden

Für eine Bewohnerin einer anderen Wohnung hatte der Gasaustritt noch verheerendere Konsequenzen. Am 9. Dezember 2021 sei sie ab circa 17 Uhr in ihre Wohnung zurückgekehrt, heisst es in der Anklage. Die Polizei habe sie am folgenden Tag gegen 17 Uhr leblos im Wohnzimmer aufgefunden. Sie soll zwischen 17 Uhr und etwa 2 Uhr nachts verstorben sein. Auch bei ihr sei eine Kohlenmonoxid-Vergiftung festgestellt worden, so die Staatsanwaltschaft.

Es habe sich herausgestellt, dass der beschuldigte Kaminfeger am 7. Dezember 2021 Wartungsarbeiten an der erdgasbetriebenen Heizungsanlage vorgenommen hatte. Diese Wartung habe der heute 55-Jährige bereits in den Jahren zuvor mehrfach ausgeführt. Dabei sei der Kaminfeger «grundsätzlich nach dem immer gleich Arbeitsablauf» vorgegangen.

Kohlenmonoxid strömte in die Wohnungen

Wie die Ermittlungen ergaben, wurde beim Abgasrohr der Heizung die Serviceöffnung nicht geschlossen. «Anlässlich der Wartungsarbeit vom Dienstag, 7. Dezember 2021, vergass der Beschuldigte aus nicht näher bekannten Gründen vor der Wiederinbetriebnahme der Anlage, den Deckel der Serviceöffnung des vertikalen Abgasrohrs wieder aufzustecken und damit diese Serviceöffnung zu verschliessen, womit sich die Abgasanlage in einem undichten Zustand befand», heisst es in der Anklageschrift.

Unklar ist laut Staatsanwaltschaft, wie es dazu kam. Einerseits könnte der Kaminfeger vergessen haben, den Deckel wieder anzubringen. Oder aber er könnte den Deckel wieder aufgesetzt haben, schmierte diesen aber zuvor mit Silikon ein, «wodurch der Deckel nicht stark genug auf der Serviceöffnung haftete, weshalb der Deckel nach einer Fehlzündung in der Anlage (sog. Verpuffung) weggedrückt wurde», heisst es weiter.

Durch die Verbrennung des Erdgases sei anschliessend Kohlenmonoxid in den Heizungsraum geströmt und von dort aus über einen Schacht in die Wohnung der Eheleute und der Frau gelangt.

Opfer und Angehörige fordern Genugtuung

Das Baselbieter Strafgericht wird sich am Donnerstag auch mit einer Zivilklage des Ehepaares befassen. Es fordert Behandlungskosten (rund 16’000 Franken), Anwaltskosten (rund 7’000 Franken) und eine Genugtuung für die Ehefrau (20’000 Franken) sowie für den Ehemann (7’000 Franken). Der Sohn der verstorbenen Frau fordert eine Genugtuung von 50’000 Franken.

Baseljetzt wird am Donnerstag von der Verhandlung am Baselbieter Strafgericht berichten. Das Urteil soll am 30. Oktober verkündet werden. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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