«In schweren Momenten bin ich gerne für die Mitspieler da»
©Bild: Rotblauapp
Fabian Frei
FCB

«In schweren Momenten bin ich gerne für die Mitspieler da»

13.09.2023 15:15 - update 16.04.2024 16:20

Baseljetzt

Fabian Frei verkörpert die rotblaue Identität wie kaum ein anderer FCB-Spieler und ist mit über 500 Spielen der Allzeit-Rekordspieler des Vereins. Im Interview spricht er über seine Verletzung, unangenehme Hotelnächte und den Trainerwechsel.

Rotblau*: Wie geht es Ihnen heute?

Fabian Frei: Gut soweit. Ich bin zurück im Mannschaftstraining und freue mich auf das Wochenende (Anm. der Redaktion: Das Interview wurde vor dem Spiel gegen den FC Zürich geführt)

Und wie geht es Ihrer Familie?

Alles gut! Wir sind happy, meine Kinder halten mich auf Trab und wir geniessen das schöne Wetter.

Spielen Ihre Kinder schon Fussball?

Nein, wenn sie zwischendurch einen Ball sehen, hauen sie gerne mal drauf, aber sonst nicht. Noch nicht wie der Papa oder Grossvater – müssen sie auch nicht. Aber wer weiss: das kann ja noch kommen.

Wie würden Sie den FCB in drei Worten beschreiben?

Wow, das ist eine schwierige Frage (überlegt lange). Emotional. Herzensangelegenheit. Tradition.

Welches von Ihren über 500 Spielen ist Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben?

Auch schwierig. Von den Auswärtsspielen würde ich Liverpool nehmen, einfach weil dort alles gestimmt hat. Wir sind in der Champions League weitergekommen und ich habe ein Tor geschossen. Das war das Highlight, welches mir am meisten geblieben ist. Gefühlt bleibt bei Fussballspielen aber immer das letzte am meisten in Erinnerung, egal ob es gut oder schlecht lief.

Sie haben in einem Interview gesagt, dass Sie nicht so genau wissen, was Sie nach der Karriere machen möchten. Hat sich das schon geändert?

Nein, nicht wirklich. Ich habe gewisse Vorstellungen, was kommen könnte, aber ich will mich nicht festlegen. Im Moment konzentriere ich mich noch aufs Fussballspielen und das macht mir noch immer Spass. Sobald ich mich entscheide, könnte das bedeuten, «ich höre auf», und ich will mich noch so lange wie möglich auf den Fussball konzentrieren. Ich habe zwar im Hinterkopf, dass es nicht mehr ewig geht, bis es dann vorbei ist, aber ich lasse mir ein paar Optionen offen.

Sie haben einmal erwähnt, dass Sie eine «Bucket List» angefangen haben und unter anderem einen Rubik’s Cube lösen möchten. Haben Sie das schon geschafft?

Ja, ich habe ihn einmal mit einer Anleitung geschafft. Heute hatte ich zufällig gerade wieder einen in der Hand, aber ich habe alles wieder vergessen (lacht).

Wie lenken Sie sich vom Fussball ab?

Nicht gross. Wir haben drei Kinder und das ist Ablenkung genug. Die Schule hat wieder angefangen und es ist eigentlich schon alles rund um den Stundenplan der grössten Tochter organisiert. Die Kinder haben natürlich auch Hobbys und möchten Freunde treffen. Ich fahre sie dann meistens von einem Ort zum anderen. Ab und zu gehe ich mit meiner Frau essen, wenn die Kinder versorgt sind oder jemand auf sie aufpasst.

Sie waren selten so «richtig» verletzt. Wie haben Sie Ihre Verletzung verarbeitet?

Ich glaube, es hat mir geholfen, dass ich vorher Glück gehabt habe. Ich habe einfach für mich gesagt, dass es mich jetzt auch einmal getroffen hat. Man schätzt so umso mehr, wie es vorher gelaufen ist. Früher habe ich gedacht, «mir kann nichts passieren», aber es braucht manchmal nur eine falsche Bewegung und dann trifft es auch dich. Insofern hat es mir die Augen geöffnet, dass ich vorher schon sehr viel Glück hatte. Diese Zeit hat mir gezeigt, dass ich nach einer Verletzung wieder zurückkommen und den Anschluss schaffen kann. Es gab im Endeffekt also auch positive Aspekte.

Hat es einen Moment gegeben, in welchem Sie dachten, «das war es mit der Karriere»?

Am Anfang gab es wirklich eine unangenehme Ungewissheit. Zuerst habe ich mir kleine Etappenziele gesetzt. Die Frage, ob ich aufhören möchte oder, ob es das jetzt gewesen sein soll, habe ich mir nie gestellt. Zu Beginn war ich froh, wenn ich keine Schmerzen hatte. Später waren es Erfolgsmomente, wenn ich etwas aufheben oder wenn ich joggen konnte. Diese Momente habe ich zu schätzen gelernt und sie haben mich positiv gestimmt. Wenn man am Schluss das Ganze anschaut, hatte ich einen sehr guten Heilungsverlauf für einen Bandscheibenvorfall. Dennoch ging es mir auf dem Weg zum MRI gar nicht gut, weil ich zu diesem Zeitpunkt nicht richtig laufen konnte. Ich wusste, dass es etwas sein wird, das nicht in zwei bis drei Tagen wieder verheilt ist. Trotzdem wollte ich den Gedanken an das Karriereende nicht an mich heranlassen.

Wie sehen Sie Ihre Rolle als Captain in der Mannschaft? Auch als Aufbauer?

In schweren Momenten bin ich gerne für die Mitspieler da. Dann nehme ich mir Zeit für sie und kann sie auch mal trösten. Alle älteren Spieler sind ein bisschen Ansprechpartner und in einer Vorbildfunktion. Wenn ein Spieler wissen möchte, wo er sich weiter verbessern kann, dann helfen wir ihm gerne. Als junger Spieler war ich selbst froh darum, wenn ich mit jemandem reden konnte.

Merken Sie den Altersunterschied eigentlich abseits vom Spielfeld?

Ja, die neuen Spieler sind aus einer oder gar zwei jüngeren Generationen. Man merkt das auf und neben dem Platz. Die Zeiten ändern sich: Als ich 18 war, wurden viele Dinge anders gemacht. Das muss man nicht werten, es ist weder gut noch schlecht, sondern einfach anders.

Macht es Ihre Aufgabe schwieriger, wenn die Clubleitung die ganze Mannschaft auswechselt? Oder ist man sich das als Fussballer schon gewohnt?

Klar, das ist eine Herausforderung. Und natürlich wünscht man sich am Ende der Saison, dass die Mannschaft zusammenbleibt und vielleicht noch zwei oder drei Verstärkungen kommen. Man hat bestimmte Abläufe verinnerlicht und weiss einfach, wie die Mitspieler ticken. Dass aber einige Spieler gehen werden, das wussten wir schon. Wir müssen uns nun als Mannschaft neu finden und das dauert eine Weile. Ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen und es nicht einen allzu grossen Einfluss auf dem Fussballplatz haben wird.

Der Trainer hat ebenfalls gewechselt. Was änderte sich damit für Sie?

Timo Schultz ist ein sehr umgänglicher Typ, wie das Heiko Vogel letzte Saison auch war. Timo hat natürlich seine eigenen Ideen, wie es auf dem Platz ablaufen soll. Da es für mich nicht der erste Trainerwechsel ist, kann ich mich gut damit arrangieren. Genauso wie letztes Jahr habe ich das Gefühl, dass es neben dem Platz grundsätzlich gut läuft. Wir haben einen super Teamspirit. Wir als Mannschaft haben letzte Saison sehr wenige Skandale geliefert, was in der Vergangenheit auch nicht selbstverständlich war. Abgesehen von den roten Karten haben wir das gut gemacht.

Legt der Trainer Wert auf die Ernährung? Gibt es da irgendwelche Pläne, an die Sie sich halten müssen?

Es gibt jeden Monat eine Fettmessung, bei der man genau sieht, ob man auf einem guten oder einem weniger guten Weg ist. Wenn nicht, dann wird uns das klar mitgeteilt und je nachdem wird dem betroffenen Spieler mit Ernährungsplänen geholfen. Grundsätzlich ist man für seinen Körper selbst verantwortlich. Es ist wichtig, dass man auf dem Platz funktioniert und seine Leistung abrufen kann. Wenn du in jedem Spiel ein Tor schiesst, ist es dem Trainer wahrscheinlich egal, ob du ein oder zwei Kilo zu viel auf den Rippen hast.

Gibt es keine gemeinsamen Mahlzeiten?

Doch, heute haben wir ein gemeinsames Abendessen und dann ist klar vorgegeben, was gegessen wird. In der Regel nehmen wir eine Mahlzeit am Tag gemeinsam und somit «kontrolliert» ein.

In jedem Beruf gibt es auch Dinge, die man mehr oder weniger gern macht. Was gefällt Ihnen als Fussballerleben weniger?

Darf ich sagen, Interviews (lacht)? Spass beiseite, es gibt einfach unterschiedliche Medientermine. Vor allem Termine direkt nach einem verlorenen Spiel können sehr anstrengend sein. Medienarbeit kann, aber muss nicht mühsam sein. Für mich waren vor allem die Hotelnächte vor den Spielen immer ein Graus. Und seitdem ich Kinder zuhause habe, gehe ich allgemein nicht mehr so gerne länger weg.

Warum waren die Hotelnächte ein Graus?

Ich bin am liebsten zu Hause und schlafe dort auch am besten. Ich finde, dass man die Teamkollegen genug oft sieht und sie nicht noch unbedingt sehen muss, bevor man ins Bett geht (lacht). Nein, im Ernst: Ich habe schon immer lieber zu Hause geschlafen. Heute, wenn meine Kinder am Vorabend fragen, warum ich schon wieder fortgehe, tut das umso mehr weh.

Rasanter Themenwechsel: Wer wird Schweizer Meister?

YB. Das heisst natürlich nicht, dass ich mir das wünsche und wir nicht alles versuchen werden, dies zu verhindern. Man muss aber realistisch sein: Wir hatten jetzt zwei Mal 30 Punkte Rückstand auf YB und das war kein Zufall, sondern hatte seine Gründe. Ich habe deshalb das Gefühl, dass trotz der Doppelbelastung mit der Champions League YB wieder Meister wird. Ob dann Servette, Lugano, Zürich oder wir dahinter sind, kommt ganz auf den Verlauf der nächsten Monate an. Wir setzen alles dran, dass wir nach vorne kommen.

Wie ist es eigentlich, gegen Freunde zu spielen?

Das ist eigentlich recht lustig. Wenn man jemanden richtig gut kennt, dann macht man während dem Spiel viele Sprüche. Im Zweikampf versucht man erst recht, dem anderen den Ball wegzunehmen und zieht nie zurück. Häufig kenne ich Gegenspieler von der Nationalmannschaft und es macht Spass, sich mit ihnen zu messen. Es ist auch ein spezieller Moment, wenn ich auf frühere Freunde von vor meiner Profi-Zeit treffe.

*Dieses Interview wurde vom Team der Rotblau App geführt. Baseljetzt und die Rotblau App arbeiten in der FCB-Berichterstattung zusammen.

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