Volk und Stände geben grünes Licht für höhere Unternehmenssteuern
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Schweiz

Volk und Stände geben grünes Licht für höhere Unternehmenssteuern

18.06.2023 17:21 - update 18.06.2023 19:18

Baseljetzt

Grosse internationale Konzerne müssen ab Anfang 2024 in der Schweiz eine Mindeststeuer von 15 Prozent entrichten. Volk und Stände haben der Umsetzung der weltweiten OECD-Reform mit 79% deutlich zugestimmt.

Grosse international tätige Unternehmen werden künftig mit einem Steuersatz von mindestens 15 Prozent besteuert. Volk und Stände haben am Sonntag überdeutlich Ja gesagt zu einer entsprechenden Verfassungsänderung. Dennoch dürfte der Druck aus dem Ausland hoch bleiben.

Bisher haben viele Kantone einige der weltweit niedrigsten Steuersätze für Konzerne. Sie argumentieren, dass diese notwendig seien, um trotz hoher Löhne und Standortkosten Unternehmen anzulocken.

Im weltweiten Kampf gegen Steueroasen haben sich 140 Länder darauf geeinigt, grosse Konzerne global mit einem Mindestsatz von 15 Prozent zu besteuern. Auch die Schweiz will den Plan der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der G20 umsetzen.

Alle sollen profitieren

Mit hohen 78,5 Prozent gaben die Stimmenden der Reform nun grünes Licht. Damit steht einer Umsetzung per Anfang 2024 nichts mehr im Weg. Bürgerliche, die Kantone und Wirtschaftsverbände begrüssten den Schritt. Es habe keine bessere Alternative zur OECD-Mindeststeuer gegeben, lautete der Tenor.

Dank der Vorlage sei nun gewährleistet, dass die Steuergelder nicht ins Ausland abflössen. Zudem bedeute das Ja nun Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen. Die bürgerlichen Parteien forderten nach Bekanntwerden des Ergebnisses, dass die Mehreinnahmen in die Standortförderung investiert würden.

Der Bundesrat schätzt, dass die neue OECD-Mindeststeuer zwischen einer und 2,5 Milliarden Franken in die Kassen spülen wird. Von höheren Steuereinnahmen würden vor allem Basel und Zug profitieren, wo grosse Pharma- und Handelskonzerne ansässig sind. Jedoch sollen über den interkantonalen Finanzausgleich indirekt alle profitieren.

Für einmal kein Erfolg für die Linke

Die SP, welche die Verfassungsänderung zusammen mit der Entwicklungshilfe-Organisation Alliance Sud und dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) bekämpft hatte, sprach von einer «klaren Niederlage» für die Partei. In der Vergangenheit hatte die Linke mehrmals Steuerprojekte erfolgreich bekämpft.

Dieses Mal war die Ausgangslage anders: Es ging um Steuererhöhungen und nicht um Steuersenkungen für Unternehmen. Die SP bekämpfte die Vorlage hauptsächlich aus Angst vor einem verschärften Steuerwettbewerb innerhalb der Schweiz. Auch der SGB befürchtete, dass die Mehreinnahmen «indirekt zu den Konzernen zurückfliessen, statt die Bevölkerung entlasten».

Laut der Entwicklungshilfe-Organisation Alliance Sud löst die OECD-Reform nicht das Grundproblem. Die Unternehmen zahlten ihre Steuern weiterhin nicht in den Ländern des Südens, in denen sie produzierten.

Gesetz innert sechs Jahren

Die Reform betrifft Unternehmen mit mindestens 750 Millionen Euro Jahresumsatz – und damit rund ein Prozent der in der Schweiz tätigen Unternehmen. Laut Finanzministerin Karin Keller-Sutter wird der Bundesrat im Herbst über das Inkrafttreten der Verordnung entscheiden, mit der die neuen Mindeststeuerregeln umgesetzt werden. Er werde das abgestimmt mit dem Ausland tun. Weil auch die EU eine Einführung per 1. Januar 2024 vorsieht, dürfte auch die Schweiz auf Anfang des nächsten Jahres das neue Steuerregime einführen.

Innert sechs Jahren muss der Bundesrat dem Parlament danach eine Gesetzesvorlage unterbreiten, mit der die Verordnung abgelöst wird. In diese Gesetzgebungsarbeiten werden laut Keller-Sutter erste Erfahrungen mit dem neuen System einfliessen. «Wir wissen in einigen Jahren besser, wie viele Mehreinnahmen überhaupt generiert werden.»

Thema bei der Ausgestaltung des Gesetzes dürfte wiederum die Verteilung der Gelder zwischen Bund und Kantonen sein. Keller-Sutter wiederholte, dass sie offen sei für neue Lösungen. Die sehr starke Zustimmung zeige aber, dass Volk und Stände die Verteilung der Gelder – drei Viertel an die Kantone, ein Viertel an den Bund – akzeptierten.

Weitere Steuererhöhungen möglich

Der Blick auf die Abstimmungskarte zeigte am Sonntag eine seltene Eintracht. Selbst der Kanton Uri mit dem schweizweit tiefsten Ja-Stimmen-Anteil nahm das OECD-Steuerprojekt mit 72,8 Prozent an. Schweizweit wurde die Reform nur in einer einzigen Gemeinde abgelehnt – nämlich im Oberwalliser Dorf Randa. In den vergangenen zehn Jahren gab es nur drei Vorlagen mit einem höheren Ja-Stimmen-Anteil.

Finanzministerin Keller-Sutter deutete die sehr deutliche Zustimmung nicht als Zeichen dafür, dass die Unternehmenssteuern noch weiter steigen sollten. Eine Erhöhung des globalen Steuersatzes sei aber nicht ausgeschlossen. Es werde international sicher Diskussionen darüber geben. (sda/fra)

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